Mittwoch, 20. April 2022

Neuer Zuschuss fürs Pflegeheim

Was der Leistungszuschlag für Bewohner konkret bedeutet


Die Kosten für einen Pflegeheimplatz überfordern viele Bewohner finanziell.
Foto: djd/compass private pflegeberatung/mattphoto


Wer in Deutschland im Pflegeheim lebt, erhält dafür zwar auch Geld von der Pflegeversicherung, muss aber für Unterkunft, Verpflegung und einen Teil der Pflegekosten selbst aufkommen. Und dies wird von Jahr zu Jahr teurer: Der vom Heimbewohner zu zahlende Anteil beträgt im Bundesdurchschnitt mittlerweile 2.149 Euro pro Monat. Das können viele Pflegebedürftige nicht aufbringen. Um den finanziellen Druck zu verringern, wurde mit der Pflegereform zum Jahresbeginn ein neuer Leistungszuschlag eingeführt. "Das heißt, dass die Pflegeversicherung im ersten Jahr des Heimaufenthalts fünf Prozent, im zweiten Jahr 25 Prozent, im dritten Jahr 45 Prozent und danach 70 Prozent des pflegebedingten Eigenanteils übernimmt", erklärt Frank Herold von der compass private pflegeberatung.
 

Ersparnis kann je nach Heim variieren

 
Doch wie viel spart ein Pflegeheimbewohner dadurch konkret? "Das ist kaum konkret zu benennen, da die Eigenanteile von Heim zu Heim variieren und es auch große Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt", so der Pflegeexperte. Wichtig zu wissen: Der Zuschlag gilt nicht für Unterkunft und Verpflegung, sondern nur für den pflegebedingten Teil der Kosten, der zurzeit im Schnitt 919 Euro im Monat beträgt. Daran gemessen ergibt das eine mittlere Ersparnis von etwa 46 bis 643 Euro monatlich. Die für die Höhe des Zuschlags entscheidende Aufenthaltsdauer wird ab der tatsächlichen Heimaufnahme berücksichtigt, auch vor Inkrafttreten des Gesetzes - mehr Informationen gibt es unter www.pflegeberatung.de. Wer also im Januar 2021 eingezogen ist, ist 2022 schon im zweiten Jahr. "Dabei gilt immer der komplette Monat, in dem man eingezogen ist, auch wenn der Einzug zum Beispiel am 29. Januar war", ergänzt Frank Herold.
 

Bei Unsicherheiten beraten lassen

 
Um den Zuschlag zu erhalten, müssen Pflegebedürftige nicht selbst aktiv werden. "Der Kostenträger sollte das eigentlich von sich aus berücksichtigen. Gibt es 2022 keine Veränderung in der Abrechnung, sollten Betroffene eine Pflegeberatung in Anspruch nehmen", rät Herold. Die compass-Hotline unter der Nummer 0800-101-8800 steht dafür zur Verfügung. Für Privatversicherte werden außerdem Hausbesuche oder auch Pflegeberatungen per Videotelefonie angeboten.

Montag, 4. April 2022

Was pflegende Angehörige bei Schlafproblemen tun können

Schlafprobleme können auch die Pflegebeziehung belasten


Viele pflegende Angehörige leiden unter schlechtem Schlaf. Das kann ihre Lebensqualität stark beeinträchtigen und zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen. Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) hat daher praktische Tipps für einen besseren Schlaf zusammengefasst.

Schlafprobleme können auch zu Erkrankungen beitragen

Viele pflegende Angehörige können über einen längeren Zeitraum hinweg nicht lange genug, nicht tief genug oder nur mit Unterbrechungen schlafen – sie leiden unter Schlafproblemen. Diese können zu Übermüdung und Gereiztheit führen und auch die Pflegebeziehung belasten. Andauernder Schlafmangel trägt zudem teilweise zu sozialem Rückzug oder Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags bei. Länger bestehende Schlafprobleme sind nicht zuletzt ein Risiko für die Gesundheit: Sie können zu Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herz-Rhythmus-Störungen, Depressionen oder Demenz beitragen. Wenn Schlafprobleme über Wochen anhalten, sollte darum ärztlicher Rat eingeholt werden.

Unter Schlafproblemen zu leiden, kann auf unterschiedliche und mehrere Ursachen wie Stress oder andere gesundheitliche Belastungen zurückzuführen sein. Insbesondere können auch die Bedürfnisse der pflegebedürftigen Person Einfluss auf die Schlafdauer und -qualität zum Beispiel des pflegenden Ehepartners haben. Oftmals müssen pflegende Angehörige ihre Nachtruhe unterbrechen, etwa wenn die pflegebedürftige Person Hilfe benötigt, sehr unruhig oder aktiv ist. 

Tipps erhalten Sie auf dem kostenlos zugänglichen ZQP-Pflegeportal

Wie pflegende Angehörige ihren Schlaf fördern können, wird auf dem kostenlos zugänglichen und werbefreien ZQP-Pflegeportal www.pflege-praevention.de erklärt: Grundlage ist zunächst, auf das eigene Schlafverhalten zu achten. Denn guter Schlaf kann durch Gewohnheiten und Rituale gefördert werden, wie zum Beispiel zu festen Zeiten ins Bett gehen, vor dem Einschlafen lesen oder ruhige Musik hören. „Außerdem ist es ratsam, für einen möglichst gesunden Alltag zu sorgen“, sagt Daniela Sulmann, Pflegeexpertin im ZQP. So kann Bewegung am Tag den Schlaf in der Nacht verbessern. Das können tägliche Spaziergänge an der frischen Luft oder regelmäßiger Sport sein. Außerdem kann Schlafproblemen zum Teil durch die richtige Ernährungsweise vorgebeugt werden: So sollten schweres Essen am Abend sowie koffeinhaltige Getränke und Alkohol vor dem Schlafengehen vermieden werden.

„Wenn die Ursache von Schlafproblemen in wiederholten Schlafunterbrechungen liegen, um der pflegebedürftigen Person Hilfe zu leisten, gilt es, die Situation zu analysieren und dann gezielt an den Umständen zu arbeiten“, so Sulmann. „Vielleicht schläft die pflegebedürftige Person tagsüber zu viel, hat zu wenig Bewegung und geistige Anregung oder es muss die ärztliche Schmerzbehandlung angepasst werden. Nächtliche Unruhe bei der pflegebedürftigen Person könnte auch an häufigem Harndrang liegen; dann kann es eventuell sinnvoll sein, die Trinkmenge eher über den Vor- und Nachmittag zu verteilen und zum Abend hin weniger zu trinken“, erläutert die Expertin weiter. In manchen Fällen ist auch der Einsatz technischer Hilfsmittel nützlich: Zum Beispiel gibt es Trittmatten, die Pflegende alarmieren, wenn die zu pflegende Person nachts das Bett verlässt. Dadurch können sich pflegende Angehörige sicherer fühlen, aufzuwachen und zur Stelle zu sein, wenn Hilfe benötigt wird. Sie sind dann nicht immer in Habachtstellung und schlafen daher teilweise ruhiger.

Besonders herausfordernd sind oft die Nächte für Angehörige von Menschen mit Demenz, insbesondere wenn es bei diesen krankheitsbedingt zu einer Umkehr des Tag-Nacht-Rhythmus kommt. Häufig trägt das dazu bei, dass ein Umzug in ein Pflegeheim erforderlich wird. „Deshalb ist es wichtig, rechtzeitig mindestens tagsüber für Entlastung zu sorgen, sei es etwa durch einen ambulanten Pflegedienst oder eine Tagespflegeeinrichtung“, so Sulmann.

Mehr zum Thema Schlaf sowie zu anderen Präventionsthemen in der Pflege erfahren Sie auf dem kosten- und werbefreien Online-Portal www.pflege-praevention.de von der gemeinnützigen Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege.

Donnerstag, 24. März 2022

Großer Hype um Cannabis als Medizin vorbei

Fünf Jahre Cannabis-Gesetz


Quelle: BARMER


Die Barmer hat seit Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes am 10. März 2017 bis Ende des vergangenen Jahres 23.123 Anträge auf cannabishaltige Arzneimittel erhalten. Davon wurden 15.897 Anträge, also 68,7 Prozent, bewilligt und 7.226 abgelehnt. Die Fallzahlen waren in den vergangenen beiden Jahren rückläufig. Das geht aus einer aktuellen Analyse der Barmer anlässlich des fünfjährigen Bestehens des Cannabis-Gesetzes hervor. Demnach gab es im Jahr 2019 noch 5.824 Anträge und in den Folgejahren 4.881 und 4.272. „Der große Hype um Cannabis scheint vorbei, und es wird gezielter eingesetzt. 

In einem therapeutischen Gesamtkonzept kann Cannabis bei Schwerkranken sinnvoller Teil der Behandlung sein. Aber es ist eben kein Allheilmittel und als Schmerzmittel allein unzureichend“, sagt Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer. Auch in Zukunft seien weitere Studien erforderlich, um die komplexen Wirkmechanismen von Cannabis noch besser zu verstehen und diese in individuelle Behandlungskonzepte zu integrieren. 

Neben Schmerzen seien Spastiken etwa bei Multipler Sklerose sowie Übelkeit und Erbrechen im Zusammenhang mit Krebsbehandlungen ein häufiges Einsatzgebiet von Cannabis.

Weniger Verordnungen während der Corona-Pandemie

Neben einem gezielteren Einsatz habe offensichtlich auch die Corona-Pandemie einen Einfluss auf die Verordnungszahlen cannabishaltiger Präparate, so Straub weiter. Zwischen Mai 2018 und März 2020 habe es monatlich immer zwischen 400 und etwa 540 Anträgen gegeben. Seit April 2020 habe sich die Zahl bei rund 300 bis 400 Anträgen eingependelt. „Gerade in den Hochzeiten der Corona-Pandemie gehen die Versicherten seltener zur Ärztin oder zum Arzt. Das zeigt sich auch bei den Cannabis-Anträgen“, sagt Straub.

Überproportional viele Anträge im Saarland, in Bayern und Berlin

Wie aus der Barmer-Analyse weiter hervorgeht, wurden in den vergangenen knapp fünf Jahren vergleichsweise viele Anträge im Saarland, in Bayern und Berlin gestellt, mit 410 beziehungsweise 394 und 355 je 100.000 Barmer-Versicherten. Am geringsten war die Rate in Sachsen mit 198 je 100.000 Personen. Rein zahlenmäßig wurden die meisten Anträge auf Kostenübernahme cannabishaltiger Präparate in Bayern mit 4.682 gestellt, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (4.587) und Baden-Württemberg (2.076). „In Bayern gibt es auch deshalb so viele Verordnungen für Cannabis, weil seit Mitte der 90er-Jahre an der Universität München gezielt dazu geforscht wurde. Ärztinnen und Ärzte haben sich in der Zwischenzeit gezielt fortgebildet und vielfach Cannabis in die Behandlung unterschiedlicher Erkrankungen integriert“, sagt Straub. Dies sei möglicherweise nicht überall in gleichem Maße der Fall. Auch unzureichend begründete Genehmigungsanträge könnten in manchen Regionen zu niedrigeren Bewilligungsquoten führen.

Einsatz von Cannabisblüten bedarf Erfahrung

Laut der Analyse bekamen Barmer-Versicherte seit März 2017 bis November 2021 fast 174.000 Verordnungen cannabishaltiger Präparate im Wert von etwa 87 Millionen Euro. Darunter waren etwa 34.000 Verordnungen unverarbeiteter Cannabisblüten. „Für den Einsatz von Cannabisblüten brauchen sowohl die behandelnden Ärztinnen und Ärzte als auch die Patientinnen und Patienten Erfahrung. Sie sind schwer dosierbar, die Wirkung ist nicht ohne Weiteres steuerbar. Zudem ist die übliche Anwendung als Inhalation mit Hilfe von Vaporisatoren für die Patientinnen und Patienten aufwändig“, so Barmer-Chef Straub. Von einer Anwendung als Tee sei abzuraten, da der Übertritt der Wirkstoffe in das Wasser sehr variabel sei, insbesondere bei falscher Zubereitung. Die Cannabisblüten müssten 15 Minuten am Sieden gehalten werden. Leichter dosier- und anwendbar als Cannabisblüten seien flüssige Cannabisextrakte zum Einnehmen, ein Mundspray oder der isolierte Cannabiswirkstoff Dronabinol in Form von Kapseln oder Tropfen zum Einnehmen.