Wissenswertes rund um
Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Betreuungsverfügung,
Sorgerechtsverfügung
Was ist bei der Erstellung von Vollmachten und
Verfügungen zu beachten – und ist mit der Erstellung alles erledigt?
|
Domenico Anic, Geschäftsführer Foto; JURA DIREKT |
Nürnberg. Jeder, auch junge Menschen, können nach
einer Krankheit oder einem Unfall in die Lage kommen, wichtige Dinge des Lebens
nicht mehr selbstbestimmt regeln zu können.
In diesem Fall muss ein anderer die
persönlichen Angelegenheiten wie medizinische Maßnahmen,
Vermögensangelegenheiten oder Handlungen im geschäftlichen Bereich regeln.
Welche Möglichkeiten der Vertretung es gibt und wie die wichtigen Fragen im
Vorfeld geregelt werden, beantworten Rechtsanwalt
Constantin von Wangenheim, Nürnberg, sowie Domenico Anic, Geschäftsführender Gesellschafter vom
Servicedienstleister JURA DIREKT, Nürnberg, sowie Testamentsvollstrecker.
Können meine Angehörigen
Entscheidungen für mich treffen, wenn ich nicht in der Lage dazu bin?
Constantin von Wangenheim: Entgegen der allgemeinen Meinung sind
Angehörige – auch Ehepartner – nicht automatisch
vertretungsberechtigt. Viele kennen das von der Post: Ohne Vollmacht können Sie
für Ihre Familienmitglieder keine Pakete aus der Postfiliale abholen. Eine
rechtliche Vertretung ist nur mit einer gültigen Vollmacht möglich.
Wer kann Entscheidungen
für mich treffen und in meinem Namen handeln, wenn der Fall der Fälle eintritt?
Constantin von Wangenheim: Wenn keine Vorsorgedokumente existieren,
wird im Betreuungsfall vom zuständigen Gericht ein Betreuer eingesetzt. Das
kann eine fremde Person sein, beispielsweise ein Berufsbetreuer oder ein
ehrenamtlicher Betreuer von einem Betreuungsverein. Betreuer müssen dafür keine
bestimmte Qualifikation nachweisen. Das kann aber auch ein Angehöriger,
beispielsweise der Ehepartner, sein. Selbst dann bedeutet dies nicht, dass das
Leben so weiter geht wie bisher. Angehörige sind ebenso wie fremde Betreuer dem
Gericht gegenüber rechenschaftspflichtig und in ihrer Entscheidungsfreiheit
deutlich eingeschränkt.
Daher ist es ratsam, die eigenen Wünsche bezüglich Betreuung und Behandlungen
vorab schriftlich festzulegen und durch eine Vorsorgevollmacht einen
Bevollmächtigten einzusetzen, der einen vertreten darf und auch diese Wünsche
um- und durchsetzen kann.
Bei Vorsorgevollmachten
besteht die Gefahr des Missbrauchs. Wen sollte man als Bevollmächtigten
einsetzen?
Constantin von Wangenheim: Prinzipiell kann man jede
geschäftsfähige Person einsetzen. Es empfiehlt sich natürlich, jemanden zu
wählen, dem man voll und ganz vertraut, die eigenen Angelegenheiten im Sinne
des Vollmachtgebers zu regeln und der dazu auch in der Lage ist. Außerdem ist
es empfehlenswert, neben einem Erstbevollmächtigten, ein oder zwei Ersatzbevollmächtigte
zu benennen. Denn wenn der Erstbevollmächtigte im Ernstfall nicht will oder
kann und es steht kein Ersatz zur Verfügung, muss wieder das Betreuungsgericht
tätig werden. Häufig setzen sich Lebens- oder Ehepartner gegenseitig als Erstbevollmächtigte
und erwachsene Kinder oder Geschwister als Ersatzbevollmächtigte ein. Das hängt
natürlich von der individuellen Situation und den eigenen Wünschen ab.
In einer Gesamtvollmacht
gibt es die Vorsorgevollmacht und Verfügungen. Was ist der Unterschied zwischen
einer Vollmacht und einer Verfügung?
Constantin von Wangenheim: In Verfügungen legt man fest, welche
Vorgehensweise man sich in bestimmten Bereichen des Lebens wünscht, wenn man
das selbst nicht mehr entscheiden und bestimmen kann.
Die
Patientenverfügung regelt Fragen zur
Wiederbelebung und zu lebenserhaltenden Maßnahmen sowie zu Behandlungen und
medizinischen Maßnahmen. Die Betreuungsverfügung
gibt Vorschläge, welche Vertrauensperson im Betreuungsfall über die Art der
Versorgung und Unterbringung entscheiden soll. In einer Sorgerechtsverfügung werden die Sorgeberechtigten (Vormunde) für
minderjährige Kinder bestimmt, wenn die Eltern zeitweise oder dauerhaft nicht
können. Auch können Wünsche zu Erziehung, Ausbildung oder Hobbies der Kinder
angeführt werden.
Mit
einer Vollmacht berechtigt man eine andere Person, für einen selbst
Entscheidungen treffen und handeln zu können, wenn man nicht in der Lage dazu
ist. Eine Vorsorgevollmacht berechtigt für den privaten Bereich zu Themen wie
Vermögen, Gesundheit, Post oder auch Behördenangelegenheiten. Für
Gewerbetreibende sollte die Vorsorgevollmacht um die „Unternehmervollmacht“, also auf das Gewerbe, erweitert werden. Der
Bevollmächtigte kontrolliert zudem die Einhaltung der Verfügungen, zum Beispiel
der Patientenverfügung, und setzt sie gegebenenfalls durch.
Man hört immer wieder, dass Vorsorgevollmachten nicht anerkannt werden,
beispielsweise von Banken. Wie sollte eine Vorsorgevollmacht gestaltet sein, um
im Fall der Fälle anerkannt und wirksam eingesetzt werden zu können?
Constantin von Wangenheim: Für Vorsorgevollmachten gibt es keine
Formvorschriften. Prinzipiell sollten sie schriftlich erstellt werden. Der
Bevollmächtigte oder die Bevollmächtigten sollten zweifelsfrei aufgeführt
werden, der Umfang der Vollmacht sollte erklärt und sie sollte mit Datum
unterschrieben werden. Der Vollmachtgeber klärt sinnvollerweise in seiner
Vorsorgevollmacht die Themen Vermögen, Finanzen, Gesundheit, Behörden sowie
Post- und Fernmeldeverkehr, als Selbstständiger zusätzlich den Gewerbebereich.
Hilfreich ist es zudem, die Vorsorgevollmacht inhaltlich und rechtlich prüfen
zu lassen. Hohe Sicherheit gewährleistet die Ausfertigung der Vorsorgevollmacht
durch einen Notar oder Anwalt. Denn diese haften dann auch für den Inhalt.
Grundsätzlich ist der ungeprüfte Einsatz von Vorlagen, insbesondere reinen
Ankreuz-Vorlagen, aus dem Internet oder von anderen Stellen mit großer Vorsicht
zu genießen.
Übrigens:
Das Landgericht Detmold hat Anfang 2015 in einem konkreten Verfahren ein Urteil
gefällt. Demnach haben Banken entsprechend ausgefertigte Vollmachten
anzuerkennen.
Wenn eine Gesamtvollmacht
erstellt ist, gilt es weitere Aspekte zu beachten. Wo sollten
Vorsorgevollmachten oder Verfügungen aufbewahrt werden? Wie kann ich aktualisieren?
Wie komme ich im Fall der Fälle schnell an die Vollmacht heran?
Domenico Anic: Drei Stichworte spielen hier eine
wichtige Rolle: Sicherheit wegen der Missbrauchsgefahr für die
Vorsorgevollmacht, schnelle Verfügbarkeit und regelmäßige Aktualisierung auch
für die Verfügungen. Beispielsweise sollte laut Empfehlung des
Bundesjustizministeriums eine Patientenverfügung alle 12 Monate überprüft
werden. Auch ändern sich die Lebensumstände im Laufe der Jahre. Menschen ziehen
um, heiraten, lassen sich scheiden usw. Deshalb bieten wir unseren Kunden
laufenden Aktualisierungsservice an. Dazu bieten wir weitere Leistungen in
unserem JURA DIREKT Service, die Sicherheit bieten und im Fall der Fälle
unterstützen.
Wie kann man sich den
Gesamtablauf von der Erstellung bis zum „Fall der Fälle“ vorstellen?
Domenico Anic: JURA DIREKT ist ein bundesweit tätiger
Servicedienstleister. Kooperierende Rechtsanwaltskanzleien erstellen
rechtskonforme Gesamtvollmachten nach den Kunden-Wünschen. Diese Wünsche werden
vom Kunden in einer Software selbst festgelegt. Auf Wunsch hinterlegen wir das
Originaldokument in unserem datenschutzzertifizierten Archiv. Da sich die
persönliche Lebenssituation, wie auch die Gesetzesgrundlagen hin und wieder ändern, legt JURA DIREKT besonderen Wert auf
die laufende Aktualisierung der Dokumente, sodass diese rechtlich wie
inhaltlich stets auf dem aktuellen Stand sind. Darüber hinaus leisten wir im
Betreuungsfall (Behörden und Abwicklungen) Notfallunterstützung mittels einer
24/7 Hotline und übernehmen die Eintragung bei der Bundesnotarkammer.
Diesen Service können Sie
natürlich nicht kostenlos anbieten, nehme ich an.
Domenico Anic: Abhängig von den Bedürfnissen des
Kunden und dem daraus resultierenden Paket variiert das Anwaltshonorar. Durch
die Spezialisierung und bundesweite Ausrichtung von JURA DIREKT und der
kooperierenden Anwälte sind die Kosten deutlich günstiger als üblich. Der
umfangreiche Service mit Hinterlegung, Aktualisierung, Einarbeiten von
Gesetzesänderungen, Notfallhotline mit rechtlicher Unterstützung durch den
Anwalt, Notfallkarte und Eintragung in das Vorsorgeregister der
Bundesnotarkammer kostet pro Person und Jahr unabhängig von der Anzahl der
Änderungen 39,00 Euro brutto.
Welche Dokumente fragen
die Menschen am häufigsten nach?
Domenico Anic: Juristen empfehlen für Privatpersonen
eine Gesamtvollmacht bestehend aus Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und
Betreuungsverfügung. Für Selbstständige, Freiberufler und Unternehmer die
Abdeckung des privaten Bereiches inklusive einer Unternehmervollmacht. Eltern
minderjähriger Kinder können die Vormundschaft bei beiderseitigem Ausfall über
eine Sorgerechtsverfügung regeln. Die Gesamtvollmacht wird bei JURA DIREKT am
häufigsten nachgefragt.
Kommen eher junge oder
eher ältere Menschen zu Ihnen?
Domenico Anic: Bei unseren Informationsvorträgen
zeigt sich, dass die Kunden dieses Thema mit zunehmendem Alter für immer
wichtiger erachten. Oft interessieren sich erwachsene Kinder für dieses Thema;
vor allem wegen der Eltern. Dann entdecken sie, dass es für sie genauso wichtig
ist, selbst rechtlich vorzusorgen. Es gibt aber junge Leute, die sich der
Wichtigkeit dieser Vorsorgedokumente bewusst sind. Wichtig ist das Erstellen
einer Gesamtvollmacht für jeden ab 18 Jahren, so die Experten, denn ab da kann
ein anderer nur dann eine Person rechtlich vertreten, wenn sie eine Vollmacht
hat. Ohne Vollmacht können Eltern nicht automatisch Entscheidungen für Ihre
erwachsenen Kinder treffen, beispielsweise, wenn diese im Krankenhaus liegen
und nicht einwilligungsfähig sind.