Dienstag, 21. Februar 2023

VdK-Präsidentin: „Volle politische Konzentration jetzt auf die häusliche Pflege“

VdK begrüßt politischen Vorstoß, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen besser zu unterstützen

Verena Bentele
 © VdK / Marlene Gawrisch


Die SPD fordert vom Bundesfinanzministerium frische Steuermilliarden für die Unterstützung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen sowie die Anpassung der Leistungen an die Bedürfnisse der Betroffenen. VdK-Präsidentin Verena Bentele sagt dazu:

„Der Sozialverband VdK unterstützt die Forderung, dass Milliarden in bessere Versorgung für Pflegebedürftige fließen müssen. Die Politik darf insbesondere die mehr als 4,2 Millionen Menschen, die zu Hause gepflegt werden, und deren Angehörige nicht weiter ignorieren und im Stich lassen. Deshalb muss für die Bundesregierung jetzt gelten: Volle politische Konzentration auf die häusliche Pflege.

Die Pflegeversicherung kennt den Grundsatz 'ambulant vor stationär', doch die Bundesregierung hat die pflegenden Angehörigen bislang sträflich vernachlässigt. Wir brauchen jetzt eine mutige Reform, bei der endlich die Nächstenpflege im Mittelpunkt steht.

Die schockierende Wahrheit ist, dass jeder fünfte pflegende Angehörige armutsgefährdet ist, bei pflegenden Frauen ist es sogar jede Vierte. Das belegt eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW), die der VdK in Auftrag gegeben hat. Pflegende Angehörige müssen für ihre harte Arbeit endlich ihr eigenes Geld, einen Pflegelohn bekommen. Außerdem muss dringend das Pflegegeld erhöht werden, dies wurde seit 2017 einfach nicht mehr angepasst. Schon heute fehlen den Betroffenen in Pflegegrad 5 bis zu 150 Euro monatlich.

Die Probleme liegen auf der Hand: Pflegedienste erbringen ihre Leistungen nur noch im Akkord, kündigen, sobald es in der Versorgung schwieriger wird. Es gibt wenig flächendeckende bis gar keine Entlastungsangebote wie Tages- und Kurzzeitpflegeplätze.

Ein riesiges Problem ist außerdem, dass aufgrund von Personalmangel die Leistungen der Pflegeversicherung nicht abgerufen werden können. Deshalb muss jetzt konsequent über ein Budget zur eigenen freien Verwendung diskutiert werden. Alles andere ist schon bewusste Inkaufnahme von Unterversorgung. Das dürfen wir nicht zulassen.“

Montag, 6. Februar 2023

Pflege und Beruf vereinbaren – aber wie?

Kostenloser Online-Kurs „Und wo bleibe ich?“ für pflegende Angehörige am 8. Februar



Das Thema Finanzbedarf in der Pflege wird aktuell breit in der Öffentlichkeit diskutiert. Schließlich geht es darum, die künftigen Ausgaben für die kontinuierlich steigende Anzahl an Pflegebedürftigen zu decken. 

Auch die häusliche Pflege soll dabei laut Koalitionsvertrag gestärkt werden. Nicht nur die Pflegebedürftigen selbst, auch pflegende Angehörige erwarten Unterstützung für ihre Situation. „Insbesondere wer berufstätig ist und einen Angehörigen pflegt, fragt sich häufig: Und wo bleibe ich?“, weiß Thies Lippels, Leiter des Referats Pflege bei der KKH Kaufmännische Krankenkasse. „Berufstätige, die sich um unterstützungsbedürftige Verwandte kümmern, stehen vor der Herausforderung, das eigene Leben, Arbeit und die Familie unter einen Hut zu bekommen. Da sind beispielsweise Arztbesuche zu organisieren, die in den Job-Alltag integriert werden müssen. Hinzu kommen in vielen Fällen das tägliche Anziehen und Waschen am Morgen und Abend, Medikamentengabe sowie das Kochen eines warmen Essens. Das kann Stress und Konflikte verursachen.“

In vielen Unternehmen sei das Thema Pflege zudem noch weitgehend ein Tabu. „Es gibt wenig Verständnis und Anerkennung für die Betroffenen. Ohne Ausgleich und Hilfe kann das schnell zu einer chronischen Überlastung und erhöhten Fehl- und Krankheitszeiten führen. Diese gilt es, durch persönliche Achtsamkeit und Unterstützungsangebote zu verhindern“, erklärt der Pflegeexperte. 

Die KKH bietet deshalb allen Interessierten ein Online-Seminar an, in dem wertvolle Tipps und Hilfsmöglichkeiten aufgezeigt werden. 

Der kostenlose Vortrag – auch für Nicht-KKH-Mitglieder – zu individuellen Strategien für mehr Achtsamkeit im Pflege-Berufsalltag findet am Mittwoch, 8. Februar, von 17 bis 18.30 Uhr statt. 

Anmeldungen sind im Internet möglich: https://www.kkh.de/online-pflegeseminare

Weitere Infos zu dem Thema erhalten Interessierte außerdem in einem Podcast, der ebenfalls ab dem 8. Februar online auf der Internetseite der KKH zur Verfügung steht.

Montag, 30. Januar 2023

Pflegegrad: Warum das System Schwächen hat

Was Betroffene tun können


Der Pflegegrad bestimmt, wie viel Unterstützung die Pflegekasse leistet. Doch so einfach ist es nicht, berichtet die aktuelle Ausgabe des "Senioren Ratgeber". Im Interview mit dem Apothekenmagazin erklärt die Pflegeforscherin Martina Hasseler, warum es manchmal auch zu Fehleinschätzungen kommt: Beantragt jemand einen Pflegegrad, kommt ein Begutachtender vom Medizinischen Dienst und geht mit der betroffenen Person einen Fragenkatalog mit verschiedenen Modulen durch. "Ein Problem ist, dass das System in den Modulen teils subjektive Beurteilungen und Bewertungen zulässt. Bei psychischen Erkrankungen zum Beispiel hängt alles von der Einschätzung des Begutachtenden ab." Darüber hinaus, sagt die Expertin, würden etwa in dem Modul, in dem es um die kognitiven Fähigkeiten geht, Personen mit Einschränkungen wie Demenz profitieren. "Wer erblindet ist, bekommt keine Punkte im Bereich örtliche Orientierung. Das wirkt sich auf die Gesamtwertung aus."

Das Bewertungssystem ist überwiegend auf Menschen mit demenziellen Erkrankungen ausgelegt. Das führe aber dazu, dass "Menschen mit psychischen oder körperlichen Erkrankungen sehr schwer einen hohen Pflegegrad erreichen, obwohl sie hilfe- und pflegebedürftig sind." Wie konnte das passieren? "Das liegt am Verständnis von Pflegebedürftigkeit: Für viele Politikerinnen und Politiker sind Pflegebedürftige alte, fragile Menschen oder Menschen mit Demenz", sagt Hasseler.

Menschen, die mit ihrer Einstufung unzufrieden sind, sollen laut der Expertin "in den Widerspruch gehen". "Suchen Sie sich am besten Hilfe. Etwa bei Sozialverbänden oder Fachanwälten. Es ist wichtig, hier richtig vorzugehen."

Quelle: Das Apothekenmagazin "Senioren Ratgeber"
Ausgabe 01/2023 liegt aktuell in den meisten Apotheken aus.