Samstag, 30. September 2023

Alzheimer und Demenz: Auch Jüngere können betroffen sein

Alle Demenzformen können früh auftreten


Fotoquelle „Alzheimer Forschung Initiative e.V.“


Bei Alzheimer oder anderen dementiellen Erkrankungen denken viele an ältere Menschen. Dass auch Jüngere erkranken können, ist oft nicht bekannt. Für Betroffene und ihre Familien bringt eine frühe Demenz besonders viel Leid und schwerwiegende Probleme mit sich. Von einer Demenz in jüngeren Jahren spricht man, wenn die ersten Symptome vor dem 65. Lebensjahr auftreten. Schätzungen zufolge betrifft das einen von 1000 Menschen im Alter zwischen 45 und 65 Jahren. Anlässlich des Welt-Alzheimertages am 21. September informierte die gemeinnützige Alzheimer Forschung Initiative (AFI) über die Situation und besonderen Herausforderungen von jungen Demenzerkrankten.

„Im Prinzip können alle Demenzformen früh auftreten. Dazu gehören die klassischen neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz oder die Frontotemporale Demenz. Dabei sterben die Nervenzellen im Gehirn nach und nach ab. Aber auch eine zu geringe Sauerstoffversorgung des Gehirns, zum Beispiel durch frühe Schlaganfälle, können Ursache einer Demenz sein. Genetische Faktoren spielen bei frühen Demenzen generell eine größere Rolle als bei später auftretenden Demenzen“, erklärt Prof. Kathrin Finke, Psychologische Leiterin des Gedächtniszentrums am Universitätsklinikum Jena und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der AFI.

Der Weg zur Diagnose ist oft lang


Bei Martin M. (62) wurde Anfang 2022 eine Alzheimer-Demenz diagnostiziert. Erste Symptome waren seiner Frau Eva aber schon Jahre früher aufgefallen. „Das kam schleichend. Er war schon immer der zerstreute Professor. Dann wurde die Vergesslichkeit schlimmer, seine Mimik und seine Körpersprache wurden irgendwie anders und in seinen Seminaren konnte er die Inhalte nur noch stakkatoartig vortragen. Zuerst dachte ich, das liegt an seiner Depression, deswegen war er auch in psychiatrischer Behandlung“, berichtet Eva M. „Die Diagnose ist dann erst über viele Umwege zustande gekommen. Als ich irgendwann endlich mal den Mut und die richtigen Worte gefunden hatte, habe ich einem befreundeten Neurologen unsere Situation geschildert. Der hat uns dann dringend empfohlen, das richtig abklären zu lassen.“

Dass eine Demenz bei jüngeren Patientinnen und Patienten erst spät erkannt wird, ist nicht ungewöhnlich. „Es kann zwei bis vier Jahre dauern, bis jemand zum Facharzt kommt und die entsprechenden Untersuchungen gemacht werden. Mit 55 oder 60 Jahren denkt man bei Vergesslichkeit nicht unbedingt an Demenz. Und in der Medizin ist es so: Man findet nur das, was man sucht“, weiß Dr. Michael Lorrain aus seiner langjährigen Praxis als niedergelassener Nervenarzt in Düsseldorf. Wie bei Martin M. werden bei jüngeren Patientinnen und Patienten zunächst häufig andere Erkrankungen vermutet, wie zum Beispiel Depressionen oder Burnout.

Die ganze Familie ist betroffen


Martin M. wohnt mit seiner Frau Eva und zwei ihrer drei gemeinsamen Kinder in Köln. Der gelernte Fachrankenpfleger Psychiatrie hatte lange als selbständiger Supervisor und Dozent im Gesundheitswesen gearbeitet. Seinen Beruf musste er mittlerweile aufgeben. Auch am Familienleben kann er nicht mehr so teilhaben wie zuvor. „Das ist kein gutes Gefühl. Ich gehöre nicht mehr so richtig dazu, zu den Abläufen, die wir als Familie haben. Ich komme mir dann manchmal ein bisschen einsam vor. Und auch ein bisschen verzweifelt, wenn ich mitkriege, dass die Kinder Abstand nehmen von mir. Das ist für mich schon sehr belastend“, schildert Martin M. seine Situation.

Eva M. trägt mittlerweile die alleinige Verantwortung für die Familie, den Haushalt und die Finanzen. „Das Zentrum bin ich geworden. Die Kinder brauchen mit 14 und 17 Jahren noch Unterstützung. Ich gehe 30 Stunden arbeiten und habe den Anspruch, dass wir ausgewogen essen. Dann kommt natürlich noch die psychische Belastung dazu und die Rollenverschiebung in der Partnerschaft. Das ist alles schon sehr viel. Und natürlich ist das auch schwer für Martin.“

Junge Demenzbetroffene stehen meistens noch mitten im Leben und sind oft beruflich und familiär eingebunden. Viele haben größere finanzielle Verpflichtungen wie die Unterstützung von Kindern in der Ausbildung oder zahlen die Raten für ein Eigenheim ab. Die Belastungen sind anders als bei Menschen, die erst spät an Alzheimer oder einer anderen Demenz erkranken. Diese Erfahrung macht auch Prof. Finke in der Gedächtnissprechstunde in Jena. „Bei älteren Betroffenen ist es ein Stück weit normal, dass sie nicht mehr so fit sind. Bei jung Erkrankten wird im beruflichen Umfeld und in der Familie ein leistungsfähiger Mensch gebraucht, der anpackt und Verantwortung übernimmt. Dass diese Rolle nicht mehr erfüllt werden kann, ist sowohl für die Erkrankten selbst als auch für die Familien oft schwer zu akzeptieren.“

Es fehlen passende Pflege- und Betreuungsangebote


Problematisch ist auch, dass bestehende Pflege- und Betreuungsangebote in der Regel nicht auf die Bedürfnisse von jüngeren Menschen mit Demenz ausgerichtet sind. Für Betroffene macht das die ohnehin schon schwierige Situation noch belastender. Für Martin M. ist es nicht vorstellbar, später einmal auf stationäre Pflege angewiesen zu sein. „Wenn ich dann der Allerjüngste bin zwischen 90-Jährigen, das könnte ich nicht. Ich müsste ja schon Menschen haben, mit denen ich im Gespräch sein kann.“ Viele jung Erkrankte sind noch aktiver und haben andere Bedürfnisse und Interessen als ältere Patientinnen und Patienten. „Wir waren in einem Chor für Demenzkranke und ihre Angehörigen. Das war gut gemacht, aber die meisten Betroffenen sind 20 Jahre älter als Martin. Es wurden Volkslieder und alte Schlager gesungen. Da habe ich echt die Krise gekriegt. Da sind wir einfach fehl am Platz“, sagt Eva M. „Es ist eine Zumutung, dass es keine passenden Angebote und Wohnkonzepte gibt, wir fallen einfach durchs Raster. Man könnte so viel machen, gerade weil die jung Erkrankten noch fitter sind.“

Mittwoch, 26. Juli 2023

Befreiung von der Zuzahlung für Medikamente

So können Patienten bares Geld sparen



Menschen mit kleinerem Einkommen oder Patienten, die regelmäßig auf Medikamente angewiesen sind, sollten überprüfen, ob sie bei Medikamenten von der Zuzahlung befreit werden können. Darauf weist der Landesapothekerverband Baden-Württemberg hin. Voraussetzung für die Befreiung ist, dass die finanzielle Belastung durch Arzneimittelausgaben zwei Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens überschreitet, wobei auch Freibeträge angerechnet werden. Bei chronisch kranken Patienten ist es beispielsweise nur ein Prozent.

Belastungsgrenze einfach berechnen

Mit dem Zuzahlungsrechner für das Jahr 2023 auf dem Gesundheitsportal www.aponet.de lässt sich schnell ermitteln, ob die Belastungsgrenze im Laufe des Jahres erreicht wird. Ein Beispiel: Ein älteres Ehepaar, dessen Kinder schon lange aus dem Haus sind und selbst Familien gegründet haben, haben zusammen ein monatliches Bruttoeinkommen von 3.000 Euro, demnach 36.000 Euro pro Jahr. Nach Abzug des Freibetrages von 6.111 Euro für einen Ehegatten ergibt sich ein zu berücksichtigendes Einkommen von 29.889 Euro. Da die Ehefrau chronisch krank ist, muss das Paar zwar bis zur Belastungsgrenze von einem Prozent (298,89 Euro) zuzahlen, ist darüber hinaus jedoch von allen Zuzahlungen in der Apotheke befreit.

Zuzahlung: mindesten fünf, höchstens zehn Euro

Wer sich frühzeitig bei seiner gesetzlichen Krankenkasse um eine Befreiungsbescheinigung bemüht, sichert sich nicht nur in der Apotheke, sondern auch bei Arzt- oder Klinikbesuchen eine finanzielle und bürokratische Erleichterung. Denn gesetzliche Zuzahlungen fallen zum Beispiel auch bei häuslicher Krankenpflege oder stationären Aufenthalten an. Wenn vom verordnenden Arzt ein Befreiungsvermerk auf dem Rezept eingetragen ist oder der Patient einen entsprechenden Bescheid in der Apotheke vorlegen kann, wird keine gesetzliche Zuzahlung für die Krankenkasse eingezogen. Bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln beträgt die Zuzahlung ansonsten zehn Prozent des Preises, mindestens aber fünf Euro und höchstens zehn Euro. Wer jeden Monat regelmäßig mehrere Medikamente einnehmen muss, kann so einen nennenswerten Betrag einsparen.

Donnerstag, 29. Juni 2023

Wie Sie vorgehen sollten, wenn Sie sich vom Pflegedienst nicht mehr gut betreut fühlen

Pflegedienst: Wann ein Wechsel sinnvoll ist




Der Pfleger lässt manchmal auf sich warten? Die Pflegerin wirkt oft gehetzt oder vergisst jedes Mal, die Haare zu kämmen? Und im Büro des Dienstes geht selten jemand ans Telefon? 

Was Sie beachten sollten, wenn Sie mit dem Pflegedienst nicht mehr zufrieden sind, zeigt das Apothekenmagazin "Senioren Ratgeber".

Nicht überstürzt kündigen

Bevor man überstürzt den Pflegedienst kündigt, sollte man zunächst versuchen, sich in die Situation der Pflegenden hineinzuversetzen, rät Felizitas Bellendorf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: "Der Personalmangel bei vielen Pflegediensten ist groß, die Zeit knapp. Die Pflegekräfte können morgens nicht überall gleichzeitig sein." Bei Unstimmigkeiten schlägt sie vor, den Verantwortlichen zu sagen, wo der Schuh drückt. Dabei auf jeden Fall sachlich bleiben: "Vielleicht lässt sich so eine Lösung finden, mit der beide Seiten zufrieden sind."

Wer wechseln möchte, sollte sich im Bekannten- und Freundeskreis erkundigen, welche Pflegedienste zu empfehlen sind. Auch die Apotheke vor Ort sowie Hausärztinnen und Hausärzte können oft weiterhelfen. Auch ein Blick ins Telefonbuch oder ins Internet kann helfen, Anbieter in der Nähe zu finden. Beispielsweise unter www.pflege-navigator.de die Postleitzahl des Wohnortes eingeben, dann nennt die Plattform Kontaktadressen von Pflegediensten in der Umgebung.

Im Gespräch bleiben mit dem Pflegedienst

Gut zu wissen: Pflegebedürftige Menschen sowie pflegende Angehörige haben ein Recht auf eine persönliche, kostenlose Pflegeberatung. Diese erfolgt meist über die Pflegekasse, die an die Krankenkasse angebunden ist. Tipp: Fragen Sie dort nach einer Beratungsstelle in Ihrer Nähe. Alternativ helfen Internetportale wie www.pflegelotse.de, das Zentrum für Qualität in der Pflege ( www.zqp.de/beratung-pflege) oder Fachstellen für pflegende Angehörige weiter.

Auf keinen Fall sollte man für sich selbst oder für zu pflegende Angehörige kündigen, bevor ein Ersatz gefunden ist. Es kann nämlich passieren, dass man nicht so schnell fündig wird, weil andere Anbieter ausgelastet sind. "In vielen Landkreisen muss man froh sein, überhaupt einen Pflegedienst zu bekommen", so Yvonne Knobloch vom Sozialverband VdK Bayern. Andererseits können sich die Versorger oft auch aussuchen, wen wie betreuen wollen. Lange Anfahrtswege etwa versuchen die meisten zu vermeiden. Umso wichtiger ist es, im Gespräch mit dem bestehenden Pflegedienst zu bleiben, um einen Wechsel vielleicht zu vermeiden.

Quelle: Das Apothekenmagazin "Senioren Ratgeber" (liegt aktuell in den meisten Apotheken aus).