Dienstag, 30. Juni 2020

Demenz: So können Angehörige helfen

Viele Demenzkranke kommen laut Studien gut mit Tablet-PCs klar




Baierbrunn (ots) - Viele Demenzkranke kommen laut Studien gut mit Tablet-PCs klar. Angehörige können die Geräte dazu nutzen, um die Gefühle des Patienten anzusprechen, etwa durch Singen mit den Enkeln, Spiele spielen oder Fotos anschauen. In seiner aktuellen Ausgabe gibt der "Senioren Ratgeber" noch weitere Tipps, wie die Familie einen Demenzkranken gut versorgen kann. 

Merkhilfen geben statt korrigieren 


Dabei geht es zunächst darum zu akzeptieren, dass der Kranke zunehmend in seiner eigenen Realität lebt. Anstatt ihn zu korrigieren und ihm damit seine Defizite vor Augen zu führen, kann es vor allem bei beginnender Demenz besser sein ihn mit Merkhilfen zu unterstützen, wie zum Beispiel Arzttermine oder Geburtstage an die Kühlschranktür zu heften. Das gibt ihm Sicherheit. 

Ruhige Musik zum Einschlafen 


Im frühen und mittleren Stadium der Krankheit tun den Patienten oft wohldosierte geistige Anregungen gut - etwa Vorlesen, Würfelspiele oder Mandalas zum Ausmalen. Regelmäßige Tagesaktivitäten und Bewegung helfen dem Demenzkranken dabei, in der Nacht gut durchzuschlafen. Beim Einschlafen kann ruhige Musik helfen. 

Quelle: Das Apothekenmagazin "Senioren Ratgeber"

Ausgabe 6/2020 liegt aktuell in den meisten Apotheken aus.

Dienstag, 23. Juni 2020

AOK startet "Familiencoach Pflege" für pflegende Angehörige mit psychischen Belastungen

Jeder vierte pflegende Angehörige laut WIdO-Studie "hoch belastet"



Screenshot der Webseite "AOK Familiencoach Pflege"


Die AOK bietet seit heute ein neues Online-Programm zur Selbsthilfe für psychisch belastete pflegende Angehörige an: Der "Familiencoach Pflege" ist ein kostenloses und für alle Interessierten anonym nutzbares Angebot, das die Psyche von pflegenden Angehörigen stärken und sie vor Überlastung schützen soll. Aktuelle Ergebnisse einer repräsentativen Befragung für den „Pflege-Report 2020“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigen den Bedarf: Danach ist jede vierte Person, die einen Angehörigen zuhause pflegt, durch die Pflege "hoch belastet".

"Die Befragungsergebnisse belegen, dass die Pflege eines Familienmitglieds für viele Angehörige sehr anstrengend ist - nicht nur körperlich, sondern auch seelisch", sagt der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch. "Hier bietet unser neues Programm eine niedrigschwellige und jederzeit nutzbare Unterstützung". Mit Hinweisen, Informationen, interaktiven Übungen, mehr als 40 Videos und 14 Audiodateien lernen die Nutzer, wie sie besser mit den seelischen Herausforderungen umgehen können. 

Ein Fokus liegt dabei auf besonders schwierigen Pflegesituationen in der Betreuung von Menschen mit Demenz oder in der Begleitung von Sterbenden. Das Angebot ist von einem Expertenteam unter Beteiligung einer Fokusgruppe aus pflegenden Angehörigen entwickelt worden.

Online-Programm soll Isolation und Überforderung vorbeugen


Der Familiencoach Pflege vermittelt unter anderem, wie wichtig es für pflegende Angehörige ist, sich nicht zu isolieren. "Auch in schwierigen Zeiten sollten sie persönliche Kontakte zu Freunden, Bekannten und Nachbarn aufrechterhalten", sagt Professorin Gabriele Wilz, Leiterin der Abteilung für Klinisch-psychologische Intervention an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. "Das Programm zeigt den Nutzern Methoden und Wege auf, gut für sich zu sorgen und vor allem Zeit für sich zu finden", so Wilz, die den Familiencoach Pflege als Expertin federführend entwickelt hat. 

Auch der Umgang mit schwierigen Gefühlen wie Trauer, Wut, Ekel oder Angst ist ein Thema im Familiencoach. Die Nutzer können sich im Programm die Themen, die für ihre Situation besonders relevant sind, individuell anzeigen lassen. In interaktiven Übungen erhalten sie ein maßgeschneidertes Feedback, können sich Interviews mit Experten-Hinweisen ansehen und Hörübungen zur Entspannung und Achtsamkeit nutzen.

Angehörige von Menschen mit Demenz zu 37 Prozent "hoch belastet"


Aufschluss über die Belastung der pflegenden Angehörigen geben Befragungsergebnisse für den "Pflege-Report 2020" des WIdO, der im September erscheint. Auf Basis der sogenannten "Häusliche-Pflege-Skala" (HPS), die unter anderem Fragen zu körperlicher Erschöpfung, Lebenszufriedenheit und psychischer Belastung umfasst, befragte das Institut Forsa im Auftrag des WIdO von Dezember 2019 bis Januar 2020 insgesamt 1.106 pflegende Angehörige. 

Die repräsentative Online-Befragung zeigt, dass knapp 26 Prozent der befragten Pflegepersonen nach der HPS-Skala hoch belastet sind. Für 43 Prozent wird eine mittlere Belastung festgestellt, nur bei knapp 31 Prozent der Pflegenden ist sie niedrig. Bei Angehörigen, die Menschen mit Demenz versorgen, zeigt sich eine hohe Belastung sogar bei knapp 37 Prozent der Befragten. Besonders belastet sind laut der Studie Pflegende, die Menschen mit sogenanntem „herausfordernden Verhalten“ betreuen: Bei ihnen steigt der Anteil der Pflegenden mit hoher Belastung auf fast 41 Prozent. 

"Da die psychischen Belastungen bei der Pflege von Menschen mit Demenz besonders hoch sind, nehmen wir dieses Thema im Familiencoach auch besonders in den Blick", betont die Expertin Gabriele Wilz. Wie gehe ich damit um, dass mein Angehöriger ständig die gleichen Fragen noch mal stellt? Was tun, wenn er immer häufiger vergisst, wo er seine Sachen abgelegt hat? Wie sollte ich auf Aggressivität, Wahnvorstellungen oder Misstrauen des Erkrankten reagieren? Zu diesen und vielen anderen Fragen aus dem Pflegealltag liefert der Familiencoach Antworten und praktische Tipps. „Die Videos im Familiencoach zeigen den Nutzern anschaulich, wie diese Hinweise in der Praxis umgesetzt werden können“, so Wilz. 

Neben Gabriele Wilz waren mit Professorin Susanne Zank, Direktorin des Zentrums für Heilpädagogische Gerontologie an der Universität zu Köln, und Dr. Klaus Pfeiffer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Geriatrische Rehabilitation am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart, weitere Experten für psychische Belastungen und Interventionsmöglichkeiten bei pflegenden Angehörigen an der Entwicklung des Online-Coaches beteiligt.

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft, die Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen berät und unterstützt, begrüßt das neue Online-Programm: "Der Familiencoach Pflege kann die persönliche Beratung sicher nicht ersetzen, doch ist er eine wertvolle und leicht nutzbare Unterstützung für pflegende Angehörige", sagt Helga Schneider-Schelte von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, die beratend an der Entwicklung des Online-Angebotes mitgewirkt hat. "Das Programm der AOK und insbesondere die Filme zeigen praxisnah und nachvollziehbar verschiedene Lösungswege im Umgang mit Menschen mit Demenz auf – auch in herausfordernden Situationen", so die Projektleiterin des Alzheimer-Telefons.

Der neue Familiencoach Pflege ergänzt das Angebot der kostenlosen Online-Coaches der AOK, das Schritt für Schritt weiter ausgebaut wird. Es umfasst bereits den "ADHS-Elterntrainer" für Eltern in schwierigen Erziehungssituationen, den "Familiencoach Depression" für Angehörige, Freunde oder anderen Bezugspersonen von Depressionskranken und das Online-Selbsthilfeprogramm "moodgym", das bei der Vorbeugung und Linderung von depressiven Symptomen hilft. 

Dienstag, 16. Juni 2020

Nicht jede Tablette darf zerteilt werden

Eine Bruchkante alleine heißt nicht, dass das Zerbrechen oder Zerschneiden erlaubt ist



Tabletten werden häufig zerteilt – aber längst nicht jede Tablette ist dafür geeignet. „Eine Bruchkante alleine heißt nicht, dass das Zerbrechen oder Zerschneiden erlaubt ist. Wenn im Beipackzettel nicht ausdrücklich steht, dass eine Tablette geteilt werden darf, sollten Patienten vorher beim Apotheker nachfragen“, sagte Thomas Benkert, Vizepräsident der Bundesapothekerkammer. Ob eine Tablette teilbar ist, kann selbst bei wirkstoffgleichen Präparaten je nach Hersteller unterschiedlich sein. Wer zum Beispiel wegen eines Rabattvertrags oder eines Lieferengpasses ein anderes Präparat als gewohnt bekommt, sollte sich beim Apotheker erkundigen, falls eine Teilung vorgesehen ist.

Nicht teilbare Arzneimittel wie zum Beispiel Retardtabletten sind weit verbreitet: Im Jahr 2018 gaben Apotheken 88 Millionen Packungen mit nicht teilbaren festen Arzneiformen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ab. Das entspricht etwa 14 Prozent aller auf GKV-Rezept abgegebenen Fertigarzneimittel. Benkert: „Zahlen für 2019 liegen uns nicht vor, aber die Größenordnung dürfte ähnlich sein.“ 


Wenn eine Tablette, die intakt eingenommen werden soll, trotzdem geteilt wird, reichen die Folgen von Unwirksamkeit bis hin zu schwerwiegenden Nebenwirkungen. Beispielsweise soll eine Retardtablette mit einem Blutdrucksenker den Blutdruck über mehrere Stunden moderat absenken. Nimmt man hingegen eine solche Retardtablette zerbrochen ein, fällt der Blutdruck kurzfristig zu stark. 

Tabletten werden aus verschiedenen Gründen geteilt, zum Beispiel, weil es keine Fertigarzneimittel in der gewünschten Dosierung gibt. Einige Tabletten werden zerteilt, weil das Schlucken der großen Tablette schwerfällt. Oft kennt der Apotheker für diese Patienten alternative Darreichungsformen, zum Beispiel Tropfen. Apotheker können bei einer entsprechenden ärztlichen Verordnung aus großen Tabletten auch leichter schluckbare Kapseln herstellen. Zudem gibt es in der Apotheke Überzüge, die das Schlucken erleichtern.