Sonntag, 8. November 2015

Angehörige erhalten trotz Reformen kaum finanzielle Unterstützung

Pflegende Angehörige stark belastet


71 Prozent der Pflegebedürftigen hierzulande werden zu Hause versorgt.
Foto: djd/DFV Deutsche Familienversicherung

"Der wichtigste Pflegedienst ist die Familie", so äußerte sich Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe vor einiger Zeit in der Presse. Im Pflegefall zu Hause versorgt zu werden entspricht tatsächlich dem überwiegenden Wunsch der Menschen. Auf 71 Prozent der Pflegebedürftigen trifft dies aktuell auch zu: Dabei werden mehr als zwei Drittel allein durch laienpflegende Angehörige betreut. Ohne sie wäre das staatliche Pflegesystem längst zusammengebrochen.

Erhebliche Belastungen


Für die Angehörigen bringt dies erhebliche Belastungen mit sich: physische, psychische, aber in vielen Fällen auch finanzielle. Denn der Staat setzt darauf, dass diese "Laienpflege" weitgehend unentgeltlich geschieht. Er zahlt dafür nur das staatliche Pflegegeld, das in den maßgeblichen Pflegestufen bei maximal 458 beziehungsweise bei Demenz bei maximal 545 Euro monatlich liegt. Doch das reicht nicht aus, um die Einkommenseinbußen bei häufig eingeschränkter oder vorübergehend ganz aufgegebener Berufstätigkeit auch nur halbwegs auszugleichen. Zu den hohen emotionalen und organisatorischen Herausforderungen kommen dann finanzielle Sorgen hinzu.

Kaum finanzielle Unterstützung aus der gesetzlichen Pflegeversicherung


"Die Leistungen des Staates reichen im Falle der Pflege nicht aus, um die für die Betroffenen entstehenden Kosten zu decken, gleich ob sie zu Hause oder im Heim versorgt werden", erklärt dazu Dr. Stefan Knoll, Vorsitzender des Vorstandes der DFV Deutsche Familienversicherung AG. Im Falle der Laienpflege sei die Finanzierungslücke besonders hoch, weil die Angehörigen für ihre Tätigkeit keine Pflegesachleistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung erhielten. Sie würden nur mit dem niedrigen Pflegetagegeld abgespeist. "Der Staat lässt die Familien hier auch weiterhin fast völlig im Stich", so Knoll.

Mit privater Zusatzversicherung geschützt


Wer sich und seine Familie vor solchen Risiken schützen will, sollte daher über eine private Pflegezusatzversicherung nachdenken, rät Dr. Stefan Knoll. Immerhin müsse jeder dritte Mann und jede zweite Frau statistisch gesehen damit rechnen, irgendwann zum Pflegefall zu werden. Der Tarif sollte dabei die Laienpflege optimal abdecken - etwa über eine Verdopplung oder Verdreifachung des staatlichen Pflegegelds. Bei Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit und im Pflegefall sollte der Vertrag beitragsfrei gestellt sein. Mit Blick auf die ab 2017 wirksam werdende Reform sollte er zudem eine Umstellungsgarantie enthalten.

Einfache und transparente Versicherungslösung


Die DFV Deutsche Familienversicherung AG beispielsweise steht für ein umfassendes Angebot an Pflege- und Kranken-Zusatzversicherungen. Mit der "DeutschlandPflege im Postkartenformat" etwa können Verbraucher ihre Finanzierungslücke im Pflegefall durch Verdopplung beziehungsweise Verdreifachung des staatlichen Pflegegelds einfach verringern oder schließen. Der Beitrag richtet sich nach dem Alter bei Vertragsabschluss. So zahlt ein 40-Jähriger bei Verdopplung knapp 18, bei Verdreifachung unter 36 Euro monatlich. Im Pflegefall, bei Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit ist der Tarif beitragsfrei. 

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Donnerstag, 5. November 2015

Hospiz- und Palliativgesetz beschlossen

Künftig mehr Geld für Leistungen der ambulanten und stationären Palliativversorgung




Schwerkranke und sterbende Menschen benötigen in ihrer letzten Lebensphase bestmögliche Zuwendung, Versorgung, Pflege und Betreuung. Und zwar überall - zu Hause, in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern oder Hospizen. Der Bundestag hat dem Hospiz- und Palliativgesetz zugestimmt.

Das Gesetz sieht vor, die Palliativmedizin auszubauen. Künftig wird mehr Geld für Leistungen der ambulanten und stationären Palliativversorgung zur Verfügung stehen. Die letzte Phase des Lebens soll durch Selbstbestimmung und den eigenen Willen geprägt sein. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart: "Zu einer humanen Gesellschaft gehört das Sterben in Würde. Wir wollen die Hospize weiter unterstützen und die Versorgung mit Palliativmedizin ausbauen."

Nachdem das Kabinett am 29. April das Hospiz- und Palliativgesetz beschlossen hatte, stimmte heute der Bundestag zu.

Krankenkassen übernehmen 95 Prozent der Kosten im Hospiz


Krankenkassen werden bei stationären Hospizen für Erwachsene künftig 95 Prozent der Kosten übernehmen. Bisher sind es nur 90 Prozent. Bei Kinderhospizen zahlt die gesetzliche Krankenkasse bereits heute 95 Prozent. Bei der ambulanten Hospizarbeit werden neben Personal- auch Sachkosten berücksichtigt.

Ärztinnen und Ärzten werden künftig eine größere Anzahl palliativmedizinischer Leistungen vergütet. Ärzte sollen stärker in die ambulante Palliativversorgung eingebunden werden. Die Übergänge von allgemeiner und spezialisierter ambulanter Palliativversorgung werden weiter verbessert. Ärzte in Heimen und ambulanten Diensten sollen mehr kooperieren. Für Menschen, die im Sterben liegen, ist wichtig, dass verschiedene Hilfsangebote reibungslos ineinander greifen.

Gesetzlich Versicherte haben künftig einen Anspruch darauf, umfassend von ihrer Krankenkasse über bestehende Palliativ- und Hospizleistungen beraten zu werden. Sie sollen gut informiert entscheiden können, wie sie in ihrer letzten Lebensphase versorgt werden wollen. Menschen in Pflegeheimen wird eine individuelle Versorgungsplanung ermöglicht.

Mangelndes Angebot auf dem Land


Seit 2007 haben schwerstkranke und sterbende Krankenversicherte daher Anspruch darauf, zu Hause palliativmedizinisch gepflegt und behandelt zu werden. In den letzten Jahren wurde die ambulanten Hospiz- und Palliativversorgung deutlich auf- und ausgebaut. Viele Menschen wollen zu Hause, in ihrer familiären Umgebung sterben können.

Bei den Zuschüssen für ambulante Hospizdienste werden neben den Personalkosten auch die Sachkosten berücksichtigt. Hierzu wird – als Ergebnis der parlamentarischen Beratungen – gesetzlich der Zuschuss der Krankenkassen je Leistung von 11 auf 13 Prozent der Bezugsgröße erhöht. Bei der Förderung ist zudem der besondere Aufwand für das hospizliche Erstgespräch zu beachten. Der steigende Zuschuss der GKV trägt insgesamt dazu bei, dass Hospizdienste mehr finanziellen Spielraum erhalten, auch um die Trauerbegleitung der Angehörigen mit zu unterstützen. Außerdem soll die ambulante Hospizarbeit in Pflegeheimen stärker berücksichtigt werden. Auch Krankenhäuser können Hospizdienste künftig mit Sterbebegleitungen beauftragen.

Die Sterbebegleitung wird ausdrücklicher Bestandteil des Versorgungsauftrages der Pflegeversicherung. Kooperationsverträge der Pflegeheime mit Haus- und Fachärzten sollen verpflichtend abgeschlossen werden. Ärztinnen und Ärzte, die sich daran beteiligen, erhalten eine zusätzliche Vergütung.

Die Ausgaben für die ambulante Palliativversorgung stiegen seit 2009 um das Zehnfache. Die Zuschüsse zu Hospizleistungen sind kontinuierlich und deutlich angewachsen. Bei allen Fortschritten fehlt allerdings besonders in strukturschwachen und ländlichen Regionen ein ausreichendes Angebot.

Dienstag, 3. November 2015

Medizinische Versorgung am Lebensende noch zu häufig im Krankenhaus

Hoher Aufklärungsbedarf bei Patienten und Angehörigen




An diesem Donnerstag will der Bundestag das Hospiz- und Palliativgesetz beschließen, das eine bessere Betreuung sterbender Menschen ermöglichen soll. 

Die Bertelsmann Stiftung hat in ihrem Faktencheck Gesundheit analysiert, welche Angebote an Palliativmedizin es derzeit bereits gibt und wo noch Lücken bestehen.


Wie ein schwerkranker oder alter Mensch betreut wird und ob er im häuslichen Umfeld bleiben kann, entscheidet das medizinische und pflegerische Angebot vor Ort. In Regionen mit vielen niedergelassenen Ärzten, die eine Zusatzqualifikation im Bereich Palliativmedizin haben, verbringen mehr Menschen ihre letzten Tage in den eigenen vier Wänden. Baden-Württemberg etwa hat gut ausgebaute ambulante Versorgungsangebote. Dort sterben nur 41 Prozent der älteren Menschen im Krankenhaus. Wäre in allen Bundesländern das regionale Angebot vergleichbar organisiert, müssten jährlich rund 37.000 Menschen weniger im Krankenhaus sterben.

Die Studie empfiehlt: ambulant vor stationär


"Die Planung neuer Versorgungsangebote sollte sich an dem Wunsch der allermeisten Menschen ausrichten, ihre letzten Lebenstage zu Hause zu verbringen", sagte Dr. Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Der Ausbau der ambulanten Versorgung müsse deshalb Vorrang vor einem Ausbau stationärer Angebote haben. Zudem sollten alle Beteiligten vor Ort – Ärzte, Pflege- und Hospizdienste, Krankenhäuser und Krankenkassen – die neuen Möglichkeiten des geplanten Hospiz- und Palliativgesetzes nutzen, Menschen am Lebensende würdevoll zu begleiten.

In den Bundesländern, in denen die stationären Angebote besonders stark ausgebaut sind, sterben mehr Menschen in Kliniken als im Bundesdurchschnitt. In Nordrhein-Westfalen etwa, wo die Krankenhauskapazitäten hoch sind, verbringen 49 Prozent der Älteren ihre letzten Lebenstage in einer Klinik.

Hoher Aufklärungsbedarf bei Patienten und Angehörigen


Zwar sind die Versorgungsangebote für Schwerkranke und sterbende Menschen in den vergangenen 20 Jahren stark ausgebaut worden. Allerdings erhielten selbst 2014 bundesweit lediglich knapp 30 Prozent der Verstorbenen eine palliativmedizinische Behandlung, hat Professor Lukas Radbruch von der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin für den Faktencheck Gesundheit ermittelt. Dies weise auf eine Unterversorgung hin, denn: "Fast 90 Prozent aller Menschen brauchen am Lebensende eine palliative Begleitung", sagte Radbruch.

Neben dem Mangel an Angeboten vor Ort herrscht laut Faktencheck Gesundheit auch ein nach wie vor hoher Bedarf an Aufklärung. So sei nur wenigen Menschen bewusst, dass eine gut organisierte ambulante Palliativversorgung zu weniger Krankenhauseinweisungen kurz vor dem Tod führt. Palliativversorgung stellt den Erhalt der Lebensqualität in den Mittelpunkt: Sie verringert nicht nur Schmerzen und Depressionen, sondern verhindert auch unnötige, belastende Therapien am Lebensende.

Für Betroffene und Angehörige hat die Bertelsmann Stiftung eine Serviceseite im Internet aufgebaut. Unter www.weisse-liste.de/palliativ-info informiert sie rund um das Thema "Palliativversorgung" und stellt die unterschiedlichen Versorgungsangebote vor.


Zusatzinformationen


Der Faktencheck Gesundheit zur Palliativversorgung basiert auf drei Studien:

1. "Sterbeort Krankenhaus – Regionale Unterschiede und Einflussfaktoren" (Karsten Zich, IGES-Institut)

2. "Strukturen und regionale Unterschiede in der Hospiz- und Palliativversorgung" (Heiner Melching, Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin)

3. "Überversorgung kurativ – Unterversorgung palliativ? Analyse ausgewählter Behandlungen am Lebensende" (Prof. Dr. Lukas Radbruch, Universitätsklinikum Bonn)

Die Analysen stützen sich maßgeblich auf Sonderauswertungen des Statistischen Bundesamtes, Daten des Wegweisers Hospiz- und Palliativmedizin sowie Berechnungen des Health Risk Instituts.