Dienstag, 29. September 2015

Mehr Sicherheit bei Polymedikation nur durch echten Medikationsplan

Durch Auswirkungen der Polymedikation* sterben deutlich mehr Menschen als im Straßenverkehr


Foto: ABDA

*Polymedikation liegt vor, wenn ein Patient parallel mehrere verschieden Medikamente der  
  Dauermedikation einnimmt.


Die Deutschen werden älter und brauchen mehr Arzneimittel. Etwa jeder vierte Bundesbürger (23 %) nimmt dauerhaft drei oder mehr Arzneimittel ein. Das ergab eine forsa-Umfrage bei mehr als 13.000 Erwachsenen im Auftrag der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. 29 % der Befragten mit Polymedikation nehmen neben verschreibungspflichtigen auch rezeptfreie Medikamente ein. „Sage und schreibe 88 Prozent der Befragten mit Polymedikation haben eine Stammapotheke. Nur in der Stammapotheke sind alle Medikamente eines Patienten bekannt, egal welcher Arzt sie verordnet hat, ob sie rezeptpflichtig sind oder aus der Selbstmedikation stammen. Dieses Potenzial muss viel stärker genutzt werden. Im E-Health-Gesetz droht das gerade versäumt zu werden“, sagt dazu ABDA-Präsident Friedemann Schmidt.


Polymedikation ist für viele Patienten unvermeidbar, birgt aber erhebliche Risiken


Laut Schmidt kommt es in Deutschland jedes Jahr zu mehreren hunderttausend Krankenhauseinweisungen wegen vermeidbarer Medikationsfehler und zu erheblichen Zusatzkosten für das Gesundheitssystem. Durch Auswirkungen der Polymedikation würden deutlich mehr Menschen als im Straßenverkehr sterben. 

Schmidt weiter: "Diese Risiken kann man reduzieren, wenn man die Gesamtmedikation des Patienten konsequent erfasst, pharmazeutisch analysiert und in einem mit dem Arzt konsentierten Medikationsplan überführt. Aber nur wenn man es richtig macht. Dazu muss man die Apotheken und ihr Wissen einbeziehen. Neun von zehn Medikationslisten, die alleine vom Arzt ausgestellt werden, stimmen nicht mit dem überein, was die Patienten tatsächlich einnehmen. Das wissen wir aus einer aktuellen Studie."

Schmidt begrüßt zwar die Absicht der Bundesregierung, Patienten mit Polymedikation über das E-Health-Gesetz einen Rechtsanspruch auf einen Medikationsliste einzuräumen. Gleichzeitig kritisiert er scharf die Defizite des Gesetzentwurfs: "Es ist ein Unding, dass die Erstellung des Medikationsliste ohne konsequente Einbindung der Apotheker stattfinden soll, obwohl jedes einzelne Medikament in Deutschland über ihren Tisch geht. Die Arzneimittelversorgung ist die gesetzliche Aufgabe der Apothekerschaft. 

Jeder Patient mit Polymedikation sollte außerdem selbst entscheiden dürfen, ob sein Arzt oder sein Apotheker einen individuellen Medikationsplan für ihn initiieren soll." Inkonsequent sei auch, dass der Gesetzentwurf nur die Erstellung der Medikationsliste, nicht aber die pharmazeutische Prüfung der Gesamtmedikation auf Risiken beinhalte. "Erst dadurch wird aber die Liste zu einem echten Medikationsplan, der dem Patienten helfen, Gefahren reduzieren und Therapieerfolge verbessern kann."

Sonntag, 27. September 2015

Nur ausnahmsweise per Taxi zum Arzt

Wer sich fahren lassen möchte, muss dies vorher mit der Kasse abstimmen


Foto: Q.pictures  / pixelio.de

Nur noch in Ausnahmefällen erstatten die Krankenkassen Taxifahrten zum Arzt oder in eine Klinik. „Wie genau diese Ausnahmen beschaffen sind, ist für viele Patienten nicht leicht zu durchschauen“, sagt Michaela Schwabe, Beraterin bei der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) in Berlin, in der „Apotheken Umschau“. Eine einfache Regel aber sei: Nicht einfach drauflosfahren. Ein Arzt muss die medizinische Notwendigkeit der Taxifahrt bescheinigen. 

Zehn Prozent der Fahrtkosten – mindestens fünf und maximal zehn Euro – haben Patienten zudem selbst zu tragen, wenn sie nicht von der gesetzlichen Zuzahlung befreit sind. Im Zweifelsfall mit der Kasse abklären, ob und was sie bezahlt. 


Quelle: Das Gesundheitsmagazin „Apotheken Umschau“ 

Dienstag, 22. September 2015

Ab 2016 modernes Angebot einer unabhängigen und kostenlosen Beratung für Patienten

Die unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) wird schrittweise weiter ausgebaut


Gernot Kiefer
Vorstand GKV Spitzenverband
Foto: GKV Spitzenverband 
Verbraucher und Patienten können sich künftig einfacher und schneller bei Fragen rund um ihre Gesundheit unabhängig, neutral und kompetent beraten lassen. 

Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) wird ab Beginn nächsten Jahres in neuer Trägerschaft schrittweise weiter ausgebaut. Zukünftig werden dann die Berater der UPD wochentags bis 22:00 Uhr sowie samstags von 8:00 bis 18:00 Uhr und damit deutlich länger als bisher über eine bundesweit kostenfreie Rufnummer erreichbar sein. 

Ratsuchende können sich bei der aus GKV-Mitteln finanzierten UPD z. B. über gängige Behandlungsmethoden bei bestimmten Erkrankungen informieren, sich zu Arztrechnungen oder zu Leistungen der Krankenversicherung sowie weiteren sozialrechtlichen Fragen beraten lassen. Sofern Anliegen nicht telefonisch geklärt werden können, werden zudem persönliche Beratungsmöglichkeiten an 30 Standorten in Deutschland, etwa in Volkshochschulen oder Bürgerbüros, angeboten. Oberster Grundsatz ist dabei die Neutralität und Unabhängigkeit der Beratung – hierauf werden alle rund 120 Berater, u. a. Mediziner und Juristen, intensiv geschult und ihre Arbeit durch ein umfassendes Qualitätsmanagement abgesichert.

Beratung wird auf allen Zugangswegen deutlich ausgebaut


„Wir freuen uns, dass wir im Verfahren der Neuvergabe der UPD unterschiedliche konzeptionelle Angebote erhalten haben, sodass es zu einem echten Wettbewerb um die besten Lösungen kommen konnte. Wir sind überzeugt, dass wir mit dem Angebot der Sanvartis GmbH das im Interesse der Patienten und Verbraucher beste und innovativste Angebot ausgewählt haben“, betont Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes. „Die Beratung wird auf allen Zugangswegen - online, telefonisch und persönlich vor Ort - deutlich ausgebaut bzw. flexibler ausgerichtet. So wird es neben der Vorort-Beratung an den festen Standorten für Ratsuchende gerade in strukturschwachen, ländlichen Gebieten zudem die Möglichkeit geben, sich in Beratungsmobilen zu informieren. Im Bedarfsfall – etwa bei eingeschränkter Mobilität – wird von der UPD auch eine Beratung zu Hause angeboten“, erläutert Kiefer weiter.

Staatssekretär Karl-Josef Laumann, Patientenbeauftragter der Bundesregierung, weist zum einen auf die rechtlichen und organisatorischen Vorkehrungen hin, die auch in Zukunft die Neutralität und Unabhängigkeit des Beratungsangebots sicherstellen: „Künftig wird ein Auditor über die Einhaltung der Qualitätsmaßstäbe und der Unabhängigkeit wachen. Zudem erhält der Beirat Weisungsrechte gegenüber der neuen UPD. Und: Mit Ausnahme einiger weniger Fachärzte werden die Beraterinnen und Berater erstmals direkt bei der neu gegründeten UPD-Gesellschaft angestellt und ausschließlich für diese tätig sein. Einflussnahmen Dritter auf die Beratung werden somit ausgeschlossen.“ Darüber hinaus erhalte die Beratung ein modernes Gesicht. „Altbewährtes bleibt selbstverständlich erhalten. Dazu kommt eine Reihe von Verbesserungen – hin zu mehr Qualität, Regionalität und Bürgernähe. Ich bin mir sicher: Die Patientenberatung in Deutschland macht einen Quantensprung. Die Bürgerinnen und Bürger werden davon profitieren“, sagt Laumann.

Von dem neuen, besser zugänglichen Angebot sollen mehr und auch schwer erreichbare Zielgruppen profitieren. Insbesondere russisch- und türkischsprechenden Ratsuchenden wird daher zum Beispiel künftig bei fehlenden Sprachkenntnissen das gesamte gesundheitlich-medizinische oder sozialrechtliche Wissen der Berater über Dolmetscher zur Verfügung gestellt.

„Wir wollen eine gute Idee noch besser machen“, fasst Thorben Krumwiede, designierter Geschäftsführer der UPD, zusammen. „Ziel ist es, die Anzahl der Beratungen auf mehr als 220.000 jährliche Kontakte nahezu zu verdreifachen.“ Darüber hinaus wolle man vor allem die Beratungsqualität stärken. „Ärzte, Rechtsanwälte, medizinische Fachangestellte und weitere Spezialisten aus mehr als 15 verschiedenen Fachgebieten können zu telefonischen und persönlichen Beratungen per Videotelefonie dazu geschaltet werden“, erläutert Krumwiede. „Wir stellen die Qualität und Aktualität aller Informationen, die in der Beratung genutzt werden, durch professionelle Informationsquellen und Datenbanken sicher und liefern das gesamte Expertenwissen an jeden Beratungsort. Unabhängig, neutral und kompetent zu beraten ist und bleibt das Herz der Unabhängigen Patientenberatung.“

Der GKV-Spitzenverband und der Patientenbeauftragte sind überzeugt, dass ein wichtiges Ziel der Ausschreibung nun erreicht werden kann: die „Marke UPD“ als eigenständiges, unabhängiges und qualitätsorientiertes Angebot bekannter zu machen. „Eine UPD, die durch die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert wird, muss leicht erreichbar und einer großen Öffentlichkeit bekannt sein“, so Staatssekretär Laumann.

Hintergrund:

Die Neuvergabe der UPD-Fördermittel war notwendig, weil die gesetzlichen Vorgaben immer nur eine zeitlich befristete Vergabe dieser Mittel erlauben und die zurzeit noch laufende Förderphase Ende dieses Jahres ausläuft. Im Zuge einer gesetzlichen Neuregelung im Rahmen des GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetzes vom Juli 2014 hat der Gesetzgeber die UPD-Fördermittel von 5,2 auf 9 Millionen Euro jährlich erhöht und die Laufzeit von fünf auf sieben Jahre verlängert, um vor allem eine bessere telefonische Erreichbarkeit zu erzielen. Die PKV beteiligt sich an der Finanzierung der UPD mit jährlich 630.000 Euro und übernimmt u. a. die Kosten für die Finanzierung von Dolmetschern.

Das für die neue Förderphase ausgewählte Duisburger Unternehmen Sanvartis wird eine eigenständige, gemeinnützige GmbH gründen, die das Angebot unter dem bisherigen Markennamen „Unabhängige Patientenberatung Deutschland“ (UPD) weiter führen und bekannt machen wird. Die Entscheidung, dem Angebot von Sanvartis den Zuschlag zu geben, wurde vom GKV-Spitzenverband einvernehmlich mit dem Patientenbeauftragten unter beratender Beteiligung eines Beirats getroffen.

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