Montag, 10. April 2017

Wo Angehörige von Beatmungspatienten Hilfe finden

Luft holen neu lernen


Die Zahl der Beatmungspatienten in Deutschland nimmt stark zu. Viele von ihnen könnten wieder von Kanüle und Maschine loskommen und selbst atmen, wenn sie fachmännisch dorthin geführt würden, sagt die stellvertretende Vorsitzende der Deutschen interdisziplinären Gesellschaft für außerklinische Beatmung, Dr. Simone Rosseau, im Gesundheitsmagazin "Apotheken Umschau". 

Wer Zweifel daran hat, dass ein beatmeter Angehöriger optimal versorgt wird, sollte die Krankenkasse einschalten. Sie kann zum Beispiel dafür sorgen, dass ein Patient doch noch in ein Weaning-Zentrum kommt, wo sich Experten um die Beatmungsentwöhnung kümmern. 

"Bei den Kassen gibt es spezielle Fall-Manager für das Thema Beatmung", erläutert Christiane Lehmacher, Referentin für Pflege beim AOK-Bundesverband. Diese beraten und unterstützen in Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärzten die Beatmungspatienten und ihre Angehörigen. 

Zertifizierte Weaning-Zentren finden Interessierte auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (www.pneumologie.de) unter "Service" und dem Stichwort "WeanNet".

Quelle: Das Gesundheitsmagazin "Apotheken Umschau

Freitag, 7. April 2017

Pflegeheimbewohner erhalten zu viele Psychopharmaka

Pflege-Report 2017


Foto: AOK Bundesverband
Ein Teil der rund  800.000 Pflegeheimbewohner in Deutschland erhält zu viele Psychopharmaka. Besonders betroffen sind die rund 500.000 Demenzkranken. Das zeigt eine vom Bundesgesundheitsministerium geförderte Untersuchung der Klinischen Pharmakologin Professor Petra Thürmann, deren Ergebnisse im Pflege-Report 2017 enthalten sind. Demnach erhielten gut 30 Prozent der Bewohner ein Antidepressivum, wobei es kaum Unterschiede zwischen Pflegebedürftigen mit oder ohne Demenz gibt. Dagegen bekommen 40 Prozent der Bewohner mit Demenz dauerhaft mindestens ein Neuroleptikum, aber nur knapp 20 Prozent der Heimbewohner ohne Demenz.

Blick aufs Ausland zeigt, dass es Alternativen zu geben scheint

Mit Blick auf unerwünschte Nebenwirkungen wie Stürze, Schlaganfälle oder Thrombosen warnt Professor Thürmann: "Neuroleptika werden als Medikamente zur Behandlung von krankhaften Wahnvorstellungen, sogenannten Psychosen, entwickelt. Nur ganz wenige Wirkstoffe sind zur Behandlung von Wahnvorstellungen bei Demenz zugelassen, und dann auch nur für eine kurze Therapiedauer von sechs Wochen. Der breite und dauerhafte Neuroleptika-Einsatz bei Pflegeheimbewohnern mit Demenz verstößt gegen die Leitlinien." Dabei verweist die Expertin aufs Ausland. Während 54 Prozent der spanischen und 47 Prozent der deutschen demenzkranken Heimbewohner Neuroleptika erhalten, sind es nur zwölf Prozent in Schweden und 30 Prozent in Finnland. "Es scheint also Spielraum und Alternativen zu geben", so das Mitglied des Sachverständigenrates des Bundesgesundheitsministeriums.
Die Pflegekräfte bestätigen das hohe Ausmaß an Psychopharmaka-Verordnungen in Pflegeheimen. Das belegt die im neuen Pflege-Report veröffentlichte schriftliche Befragung von 2.500 Pflegekräften durch das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO): Die Befragten geben an, dass im Durchschnitt bei mehr als der Hälfte der Bewohner ihres Pflegeheims Psychopharmaka eingesetzt werden. Zwei Drittel der Betroffenen (64 Prozent) erhielten demnach die Verordnungen auch länger als ein Jahr. Interessanterweise halten 82 Prozent der Pflegekräfte diesen Verordnungsumfang für angemessen. Dr. Antje Schwinger vom WIdO: "Das Problembewusstsein der Pflegekräfte muss hier offensichtlich geschärft werden. Um den Psychopharmaka-Einsatz in Pflegeheimen zu reduzieren, sollte sichergestellt werden, dass nicht-medikamentöse Ansätze im Arbeitsalltag stärker etabliert werden."

Zeitdruck verhindert Umsetzung nicht-medikamentöser Verfahren

Laut Umfrage werden diese alternativen Ansätze auch häufig umgesetzt. So geben 67 Prozent der Pflegekräfte an, dass in ihrem Heim spezielle Pflegekonzepte zum Einsatz kommen, rund die Hälfte der Befragten (52 Prozent) verwendet Assessment-Instrumente. Auch Fallbesprechungen, kognitive und sensorische Verfahren kommen zum Einsatz. Doch geben gleichzeitig 56 Prozent der Befragten an, dass Zeitdruck die Umsetzung nicht-medikamentöser Verfahren teilweise beeinträchtige oder verhindere.
Die Pflegekräfte können für die Tendenz zur Übermedikation von Pflegeheimbewohnern mit Demenz am wenigsten. Das stellt der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, klar. Der bewusste und kritische Umgang mit Psychopharmaka sei eine Teamaufgabe von Ärzten, Pflegeheimbetreibern, Pflegekräften, und Apothekern, die Pflegeheime betreuen. 
Vor allem die behandelnden Ärzte, aber auch Pflegeheimbetreiber seien hier in der Verantwortung für eine leitliniengerechte Medizin. "Ärzte stehen in der Pflicht, diese Medikamente nur dann einzusetzen, wenn es nicht anders geht und auch nur so kurz wie möglich. 
Und Pflegeheimbetreiber müssen ergänzend den Einsatz nicht-medikamentöser Versorgungsansätze fördern." Um die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegeheimen zu verbessern, fordert Litsch ein Nachschärfen der Kooperationsvereinbarungen zwischen Pflegeheimen und Vertragsärzten auf Bundesebene. 

Geriatrie muss in der ärztlichen Ausbildung stärkeres Gewicht erhalten

Außerdem müsse die Geriatrie in der ärztlichen Ausbildung ein stärkeres Gewicht erhalten. Schließlich sei ein Expertenstandard für die pflegerische Betreuung und Versorgung von demenziell Erkrankten nötig. Gute Pflege brauche zwar angemessene Ressourcen. Doch zeigten der internationale Vergleich und einige deutsche Leuchtturmprojekte auch, dass Versorgungsdefizite in der pflegerischen Versorgung von Demenzkranken nicht zwangsläufig immer nur mit mehr Geld oder Personal abgestellt werden. "Das ist auch eine Frage der pflegerischen Konzeption und Kultur", so Litsch.

Dienstag, 4. April 2017

Krebs besser verkraften

Beratungsstellen und Therapeuten helfen bei der Krankheitsbewältigung


Foto: djd/dkfz.de


Eine Krebserkrankung stellt für viele Betroffene einen drastischen Einschnitt in ihrem Leben dar. Nicht nur der Körper, auch die Seele leidet darunter. Oft löst die Diagnose einen regelrechten Schock aus. "Warum gerade ich?", "Wie sage ich es meiner Familie?", "Welche Behandlungen kommen auf mich zu?" und natürlich auch "Wie sind meine Heilungschancen?" - diese und viele andere Fragen stürmen auf Patienten ein. Auch während und nach der Behandlung kann es immer wieder zu Phasen der Unsicherheit, Niedergeschlagenheit und Angst kommen. Um diese Belastungen besser zu verkraften, können Patienten sich bei verschiedenen Stellen Hilfe holen.

Der Krebsinformationsdienst weist den Weg


Erste Hilfe und Begleitung für Krebskranke und auch für ihre Angehörigen bieten die regionalen psychosozialen Krebsberatungsstellen. Adressen in Wohnortnähe finden Betroffene über eine Suchfunktion auf der Internetseite www.krebsinformationsdienst.de/wegweiser oder telefonisch unter der kostenfreien Rufnummer 0800-4203040. Die genannten Beratungsstellen bieten Patienten und Angehörigen kostenlos Unterstützung an. "Im Gespräch mit erfahrenen Fachleuten gibt es dort Zeit und Raum, offen über Ängste und Gefühle zu reden sowie konkrete Fragen zu stellen - auch zur finanziellen und beruflichen Situation", erläutert Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). "Beratungsangebote gibt es außerdem auch in vielen Kliniken, insbesondere in zertifizierten Krebszentren."

Psychoonkologische Unterstützung


Hält die Belastung lange an, kommt es zu Rückfällen oder ist die Lebenssituation auch jenseits der Erkrankung schwierig, reicht der Besuch von Beratungsstellen aber nicht immer aus. "Etwa jeder dritte Krebspatient ist so stark beeinträchtigt, dass man von einer psychischen Begleiterkrankung - etwa einer Depression - sprechen kann", weiß Weg-Remers. Dann kann eine längerfristige Unterstützung durch Berater und Therapeuten, die auf die Belastungen durch Krebserkrankungen spezialisiert sind, sogenannte Psychoonkologen, wertvolle Unterstützung bieten. Adressen von niedergelassenen Psychotherapeuten mit einer entsprechenden Weiterbildung finden Betroffene ebenfalls unter den oben genannten Kontakten. Die Kosten werden bei zugelassenen Therapeuten von den Krankenkassen übernommen.

Selbsthilfe in der Gruppe


Neben professionellen Angeboten kann Krebspatienten auch die Unterstützung von Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, weiterhelfen. Denn in Selbsthilfegruppen gibt es nicht nur Tipps und Erfahrungen, sondern auch Verständnis, Mitgefühl und Freude an gemeinsamen Unternehmungen. Nach Gruppen in Wohnortnähe kann man etwa beim Arzt, in der Klinik oder bei der Krankenkasse fragen. Links zu verschiedenen Patientenorganisationen hat auch der Krebsinformationsdienst unter www.krebsinformationsdienst.de/wegweiser zusammengestellt.