Freitag, 28. August 2015

Bereitschaft zu häuslicher Pflege im Saarland gering

Nur ein Drittel würde Angehörige zu Hause betreuen




Beim Eintritt eines Pflegefalles würde nur knapp jeder dritte Saarländer seine Angehörigen selbst zu Hause pflegen. Das geht aus einer aktuellen und repräsentativen Umfrage* hervor, die das Forsa-Institut im Auftrag der DAK-Gesundheit durchgeführt hat. Einen Platz im Pflegeheim würden 15 Prozent wählen, während 45 Prozent eine andere Lösung, etwa eine Pflegekraft, die ins Haus kommt (Beispiel siehe hier), suchen würden.

Die Bereitschaft zur häuslichen Pflege ist abhängig von Alter und Geschlecht der Befragten


So gaben bei den über 50-Jährigen knapp 40 Prozent an, Angehörige im Pflegefall selbst betreuen zu wollen. Bei den unter 30-Jährigen waren es nur 16 Prozent. In dieser Altersgruppe setzt ein Viertel der Befragten auf Heimbetreuung, die Hälfte würde eine andere Lösung suchen. Bei den Frauen zeigte sich ein gutes Drittel bereit, häusliche Pflege zu übernehmen, bei den Männern nur ein knappes Viertel. „Die Pflege von Angehörigen verstehen viele noch immer als Aufgabe der Frau“, kommentiert Michael Hübner, Landeschef der DAK-Gesundheit im Saarland, das Ergebnis. „Ich hoffe, dass sich dies mit der Pflegereform ändern wird.“ Seit Januar gelten neue gesetzliche Regelungen, die unter anderem die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf vereinfachen sollen.

Vor allem Jüngere setzen eher auf Heimbetreuung


Kommt häusliche Pflege nicht in Frage, gaben die Saarländer folgende Gründe dafür an: 30 Prozent der Befragten begründeten dies mit ihrer beruflichen Situation die es nicht zulasse, einen Angehörigen zu pflegen. Für weitere 33 Prozent der Saarländer verhindert es ihre private Situation. Immerhin jeder Vierte lehnte es prinzipiell ab, selbst zu pflegen – bei den unter 30-Jährigen sogar jeder Dritte. „Viele haben große Sorge, dass die Pflege sie überfordern würde“, sagt Michael Hübner. „Oft lassen die Rahmenbedingungen häusliche Pflege einfach nicht zu."

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: viele Saarländer wissen kaum etwas über die Pflegereform


Rund einem Drittel der Befragten sind die gesetzlichen Änderungen unbekannt oder wussten nicht, dass es eine Pflegereform gab. „Es scheint noch erheblichen Aufklärungsbedarf zu geben“, ergänzt Michael Hübner.

Die DAK-Gesundheit bietet eine Online-Beratung an. Pflegende Angehörigen finden dort Hilfe bei psychologischen Fragen. Informationen zu diesem und weiteren Angeboten gibt es im Internet unter www.dak.de/pflege.

Die DAK-Gesundheit ist mit 6,2 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse in Deutschland.

*Repräsentative Bevölkerungsumfrage durch Forsa für die DAK-Gesundheit mit 1.005 Befragten. Erhebungszeitraum: 10. bis 17. Dezember 2014.

Donnerstag, 27. August 2015

Ein Pflegetagebuch kann gar nicht zu detailliert sein

Kartographierter Alltag - ein paar Beispiele



Wer einen Angehörigen zuhause pflegt und Leistungen aus der Pflegeversicherung beantragen will, sollte ein Pflegetagebuch führen. Es hilft auch dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherer (MDK)  bei seiner Beurteilung. 

Das Apothekenmagazin „Senioren-Ratgeber“ rät, diese Dokumentation sehr detailreich zu führen. Beispiel Hilfen beim Waschen, Baden oder Duschen: Stellen Sie etwa der pflegebedürftigen Person einen Hocker hin? Reichen Sie ihr den Waschlappen? Schrauben Sie die Zahnpastatube auf und zu? Oder Toilettengang: Wischen Sie den Po ab? Helfen Sie dabei, die Kleider wieder zu richten? Wechseln Sie Vorlagen oder Stomabeutel? Verschweigen Sie dies nicht aus falscher Scham. 

Pflegetagebuch ist ein wichtiges Dokument


Zwar muss sich der Mitarbeiter des MDK auch selbst einen Eindruck verschaffen, was der Gepflegte selbst noch kann und wozu er Hilfe braucht, aber das Pflegetagebuch spielt immer eine Rolle und ist im Falle eines Widerspruch gegen einen nicht akzeptablen Bescheid ein wichtiges Dokument.

Dieser Beitrag ist erschienen im Apothekenmagazin "Senioren Ratgeber".

Dieses liegt in den meisten Apotheken aus und wird ohne Zuzahlung zur Gesundheitsberatung an Kunden abgegeben.

Montag, 24. August 2015

Demenz - Verständnis für die Krankheit senkt das Belastungsgefühl

Pflegende Angehörige für Projektphase der Uni Jena gesucht


Foto: FSU/Kasper


Psychologenteam der Universität Jena verbessert psychische Gesundheit von pflegenden Angehörigen mittels kognitiver Verhaltenstherapie / Teilnehmer für neue Projektphase gesucht

„Demenz“ bedeutet rein von der lateinischen Wortherkunft her „unvernünftig“ – und das ist in den Augen der Angehörigen, die ihre an Demenz erkrankten Verwandten häuslich pflegen, die wohl treffendste Umschreibung. Sie können Handlungen des Betroffenen, etwa das immerwährende Verlegen von Gegenständen, nicht verstehen, sondern müssen lernen, es als Krankheit zu akzeptieren. Für die Pflegenden geht die herausfordernde Aufgabe, den Erkrankten rund um die Uhr zu versorgen, deshalb auch häufig mit hoher seelischer und körperlicher An-, gar Überforderung einher. 

Im Rahmen des Projekts „Telefonische Therapie von Angehörigen von Demenzkranken“ (Tele.TAnDem) beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Gabriele Wilz von der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit den Belastungen pflegender Angehöriger und der Entwicklung spezifischer Unterstützungsangebote. Erste Ergebnisse der klinischen Psychologen haben gezeigt, dass sich durch die angebotene psychotherapeutische Betreuung nachweislich positive Effekte auf die Gesundheit und die Lebensqualität der pflegenden Angehörigen ergaben.

Welche Komponenten der Therapie diese Effekte herbeiführen, beschreiben Gabriele Wilz, Uwe Altmann und Denise Schinköthe vom Institut für Psychologie der Universität Jena in einem aktuellen Fachartikel (DOI: 10.1080/13607863.2014.971704). Ihre Forschungsergebnisse machen deutlich, weshalb eine kognitive Verhaltenstherapie sehr erfolgversprechend ist. 

Untersuchungen haben gezeigt, dass pflegende Angehörige u. a. ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen haben. Insbesondere depressive Symptome sind häufig festzustellen. Die Studie der klinischen Psychologen ergab, dass qualifizierte therapeutische Basiskompetenzen des Therapeuten, wie eine gute Beziehungsgestaltung zwischen Therapeut und Patient, zur Entlastung und damit zur Minderung einer solchen Depressivität beitragen. Das therapeutische Gespräch wird oftmals als entlastend und befreiend empfunden. 

Darüber hinaus führt eine kognitive Umstrukturierung – die Veränderung der gedanklichen Lebenskonzepte – wesentlich zu einer Verbesserung des Belastungserlebens pflegender Angehöriger. Zunächst bewerteten die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer u. a. bestimmte Aktionen des Demenzkranken als absichtlich negativ. „Sie hatten zum Beispiel das Gefühl, dass die zu pflegende Person mit Absicht Dinge verlegt“, so Schinköthe. Ist es den Therapeuten gelungen, hier ein Umdenken des Angehörigen zu bewirken und das Verständnis für die Krankheit zu erweitern, wurde die Pflege als deutlich weniger belastend empfunden. 

Ein Umdenken muss sich bei den pflegenden Angehörigen mit Blick auf das persönliche Wohlergehen einstellen. „Mehr Zeit für mich“ war eines der häufig genannten Ziele, die sich die Angehörigen von der Teilnahme an der Studie versprachen. Doch dazu müssen sie die Einsicht „ich darf es mir gut gehen lassen“ erst einmal zulassen. Konnten die Therapietelefonate dies erreichen, waren die Pflegenden am Ende nicht nur generell zufriedener, sondern verbesserten auch den Umgang mit dem an Demenz erkrankten Familienangehörigen. 

Teilnehmer für neue Projektphase gesucht


Für das neue Teilprojekt „Tele.TAnDem.Online“ sucht das Team um Prof. Wilz wieder Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Bei diesem Projekt soll eine kostenfreie professionelle Unterstützung für pflegende Angehörige von Demenzerkrankten per Internet angeboten werden. Über einen Zeitraum von zwei Monaten erfolgen regelmäßige schriftliche Kontakte mit einer erfahrenen Psychologin über ein speziell gesichertes Internetportal. Die Unterstützung kann von den Angehörigen im gesamten deutschsprachigen Raum von zu Hause aus in Anspruch genommen werden. Da es sich um eine wissenschaftliche Studie handelt, werden im Projekt zwei Gruppen miteinander verglichen: Die Teilnehmer der ersten Gruppe werden von einer erfahrenen Psychologin zwei Monate lang unterstützt. Die Teilnehmer der zweiten Gruppe erhalten nach einer Wartezeit von fünf Monaten ebenfalls die psychologische Unterstützung per Internet. Die Auswahl der Gruppen wird per Zufall entschieden. 

Die Publikation „The effects of treatment adherence and treatment-specific therapeutic competencies on outcome and goal attainment in telephone-based therapy with caregivers of people with dementia“ ist in der Fachzeitschrift „Aging & Mental Health“ erschienen (DOI: 10.1080/13607863.2014.971704).

Kontakt:
Denise Schinköthe
Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Humboldtstraße 11, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945170
E-Mail: denise.schinkoethe[at]uni-jena.de


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