Freitag, 2. Mai 2014

Repräsentative Umfrage: Bereitschaft zur Pflege von Familienangehörigen geht zurück

Jeder Fünfte Bundesbürger würde ein Familienmitglied rund um die Uhr pflegen. Allerdings hat die Bereitschaft der Deutschen zur umfassenden Betreuung ihrer Angehörigen stark nachgelassen.


Foto: Jerzy Sawluk  / pixelio.de
So wollten vor fünf Jahren noch doppelt so viele die Rundumpflege übernehmen. Auch der Anteil derer, die ihren Familienmitgliedern die Unterstützung im Pflegefall komplett verweigern, ist von rund sechs auf elf Prozent gestiegen. Dies ergab die Studie „Kundenkompass Selbstbestimmung im Alter“ der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut auf der Basis zweier repräsentativer Bürgerbefragungen.
Vor allem bei den Beschäftigten in der Privatwirtschaft ist die Bereitschaft gering, sich intensiv um ihre pflegebedürftigen Angehörigen zu kümmern – hier würden lediglich 15 Prozent eine Rundumpflege übernehmen. „Offensichtlich fällt es dieser Gruppe immer schwerer, Beruf und Pflege miteinander in Einklang zu bringen“, sagt Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP. „Es ist daher richtig, dass der Gesetzgeber hier aktiv werden will. Ein erster Ansatz ist es, Berufstätigen durch eine  Pflegeauszeit die Möglichkeit einzuräumen, sich um ihre Angehörigen zu kümmern.“ So ist bei Hausfrauen und -männern die Bereitschaft zur Pflege mit 27 Prozent deutlich höher.

Konkrete Hilfsleistungen sind gefragt

Insgesamt werden in der Zukunft angesichts der demografischen Entwicklung und sich verändernder Familienstrukturen immer weniger Pflegebedürftige überhaupt auf die Unterstützung von Angehörigen zurückgreifen können – darüber machen sich die Befragten keine Illusionen. Sie wollen daher vorsorgen – und zwar vor allem, um sich im Pflegefall Assistance-Leistungen finanzieren zu können. Dabei rangiert die Haushaltshilfe mit 60 Prozent an erster Stelle. Mehr als jeder Zweite will außerdem sparen, um sich eine bedarfsgerechte Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch ein Nicht-Familienmitglied leisten zu können. „Diese Zahlen beweisen: Die Bundesbürger wissen, dass sie in der Zukunft auch im Pflegefall immer häufiger auf sich allein gestellt sein werden. Es gilt nun, das Angebot an Unterstützungsleistungen zu diversifizieren. Wir benötigen in der ambulanten Pflege neue und kreative Angebote, die den unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen der Menschen gerecht werden und gleichzeitig eine qualitativ hochwertige Betreuung sicherstellen“, so der ZQP-Vorstandsvorsitzende.

Hintergrundinformationen

Die Marktforschungsinstitute COBUS aus Karlsruhe (Januar 2010) und forsa aus Berlin (Mai und Juni 2010) befragten im Auftrag der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) rund 1.000 Bundesbürger über 18 Jahre zu ihren Standpunkten, Maßnahmen und Plänen in Bezug auf die Selbstbestimmung und die Probleme im Alter. Die beiden Gruppen der interviewten Personen repräsentierten jeweils einen Querschnitt der volljährigen Bevölkerung in Deutschland. Die Befragungen wurden in computergestützten Telefoninterviews durchgeführt (CATI-Befragung).

Über das ZQP

Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) ist eine im November 2009 errichtete gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Berlin. Ziel der Stiftungsarbeit ist die Wissenschaftsbasierung und strukturelle Weiterentwicklung von Qualität in der Pflege sowie in der Versorgung älterer und hilfebedürftiger Menschen. 
Stifter des ZQP ist der Verband der privaten Krankenversicherung e.V. Das ZQP ist die einzige derartige Einrichtung in Deutschland, welche multidisziplinär und berufsgruppenübergreifend ausgerichtet ist. In seine Arbeit bindet es ausgewiesene Experten aus Pflegepraxis und Wissenschaft sowie Verbraucher und Patientenorganisationen ein. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Stiftungsarbeit ist die wissenschaftliche Bearbeitung von bisher unzureichend geklärten Fragestellungen rund um das häusliche Versorgungsgeschehen.

Mittwoch, 23. April 2014

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe:„Gute Pflege braucht Zeit“

Abschlussbericht zur Vereinfachung der Pflegedokumentation veröffentlicht

© 2014 Bundesministerium für Gesundheit

Viele Pflegekräfte, aber auch Angehörige von Pflegebedürftigen sind unzufrieden mit dem Umfang des bürokratischen Aufwands in der Pflege. Das Bundesministerium für Gesundheit hat daher ein Projekt zum Bürokratieabbau in der Pflege finanziell unterstützt. Der Abschlussbericht des Projekts “Praktische Anwendung des Strukturmodells Effizienzsteigerung der Pflegedokumentation in der ambulanten und stationären Langzeitpflege“ liegt nun vor.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: „Gute Pflege braucht vor allem eins: Zeit. Wir müssen die bürokratischen Anforderungen für die Pflegekräfte deshalb auf das Maß reduzieren, das zur Qualitätssicherung wirklich notwendig ist. Die Ergebnisse des Modellprojekts zeigen, wie das gelingen kann. Nun geht es darum, die Erfahrungen aus dem Projekt in die Fläche zu tragen. Ich freue mich über die große Bereitschaft aller Beteiligten, den begonnenen Prozess fortzusetzen.
Im Rahmen des Projekts haben 26 stationäre Pflegeeinrichtungen und 31 ambulante Pflegedienste Modellbögen für eine einfachere Dokumentation im praktischen Alltag getestet. Das Konzept einer veränderten Dokumentationspraxis war zuvor von der Ombudsfrau für Entbürokratisierung in der Pflege, Elisabeth Beikirch, zusammen mit Fachleuten aus Praxis und Wissenschaft sowie juristischer Expertise entwickelt worden.

Im Mittelpunkt stand dabei die Praxistauglichkeit

Ziel des vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Projekts war, Vorschläge zum Abbau von Bürokratie in der Pflegedokumentation zu finden. Im Mittelpunkt stand dabei die Praxistauglichkeit. Auf der Grundlage des im Projekt erarbeiteten Strukturmodells zum Aufbau einer Pflegedokumentation einschließlich des Konzepts zur praktischen Umsetzung kann der Dokumentationsaufwand erheblich reduziert werden, ohne fachliche Standards zu vernachlässigen, die Qualität zu gefährden oder haftungsrechtliche Risiken aufzuwerfen.
Mit diesem Vorgehen haben die vielen engagierten Partnerinnen und Partner einen wichtigen Beitrag zur Entbürokratisierung in der Pflege geleistet. Nun muss die begonnene Arbeit fortgeführt werden. Weitere Umsetzungsschritte sind momentan mit dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie Bevollmächtigten für Pflege, Staatssekretär Karl-Josef Laumann, und in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Gesundheit in Vorbereitung. Dabei wird die Umsetzung einer umfassenden Implementierungsstrategie auf Bundes- und Landesebene vorbereitet.
Den Abschlussbericht finden Sie unter:

Montag, 21. April 2014

Kassen machen Pflegebedürftigen das Leben schwer

2013 leistete Deutsche Stiftung Patientenschutz 28.200 Mal Hilfe

Foto: Kurt F. Domnik - pixelio.de

Über 110 Mal pro Arbeitstag suchten Pflegebedürftige, Angehörige und Interessierte im vergangen Jahr Rat bei der Deutschen Stiftung Patientenschutz.

28.200 Mal konnte Hilfesuchenden an den Standorten Berlin, Dortmund und München geholfen werden. Damit stieg die Zahl der Kontakte in den vergangenen fünf Jahren um knapp 15 Prozent.

Der Ärger mit Krankenkassen ließ viele Menschen zum Hörer greifen.

Anstieg auch bei den Patientenschutzberatungen


Die Zahl der Patientenschutzberatungen stieg in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 50 Prozent auf 2.300 Gespräche. Hierbei handelt es sich um Krisenfälle. Anlass war häufig der Ärger mit Krankenkassen. Der Grund: Viele Kassen wollten notwendige Heil- und Hilfsmittel nicht bezahlen. 

Das Spektrum war breit: Pflegebedürftigen wurden Reha-Maßnahmen immer wieder abgelehnt, Gehbehinderte mussten um einen individuellen Rollstuhl kämpfen und Kranken wurde Sauerstoff verweigert. "Das alles hat System", sagt Vorstand Eugen Brysch, "man erkennt deutlich, wie restriktiv die Kassen mit ihren Mitgliedern umgehen. Sie machen alten, kranken und pflegebedürftigen Menschen das Leben noch schwerer."

In einigen Krisenfällen mussten die Berater soger direkt eingreifen. "Wir gehen auch in die Krankenhäuser, Pflegeheime und nach Hause", so Brysch. "Häufig reagieren die Kassen, Krankenhäuser, Ärzte und Pflegeanbieter schon, wenn sie merken, dass die Betroffenen nicht allein dastehen", sagte Brysch. Dann werden falsche Entscheidungen bei der Pflegestufe revidiert und Behandlungen möglich gemacht, die zuvor verweigert wurden.

Kummer bereitet das Gesundheitssystem vielen Patienten auch auf andere Weise: Lange Wartezeiten auf Facharzttermine, Fragen zu den Pflegestufen, Missstände in der ambulanten und stationären Pflege sowie Verständigungsprobleme mit ausländischen Pflegekräften und Ärzten ärgert viele Anrufer. "An den Defiziten, die wir seit Jahren beobachten müssen, hat sich so gut wie nichts geändert", so Brysch.

17 Prozent mehr Beratungen zu Patientenverfügungen


Immer mehr Menschen möchten in gesunden Zeiten verbindlich regeln, wie sie im Falle einer schweren Krankheit behandelt werden wollen - und wie nicht. "Der Informationsbedarf ist ungebrochen hoch", weiß Brysch. Die Zahl der Kontakt zu diesem Thema stieg in den vergangenen fünf Jahren um 32 Prozent auf 10.300. Damit drehte sich mehr als jede dritte Anfrage am Patientenschutztelefon um das Thema Patientenverfügung.

Das Patientenschutztelefon ist für Ratsuchende kostenfrei. Die Stiftung verzichtet im Interesse der Unabhängigkeit auf öffentliche Zuschüsse.

Hilfe am Patientenschutztelefon gibt es in Berlin (030 - 2 84 44 84 0), in Dortmund (0231 - 73 80 73 0) und in München (089 - 20 20 81 0).

Hintergrund


Die gemeinnützige Deutsche Stiftung Patientenschutz ist die Sprecherin der schwerstkranken, schwerstpflegebedürftigen und sterbenden Menschen. zur Wahrung der Unabhängigkeit verzichtet sie auf Gelder der Leistungserbringer und der öffentlichen Hand.

Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen ihrer 55.000 Mitglieder und Förderer.

Mit dem Patientenschutztelefon bietet sie Hilfesuchenden und Betroffenen praktische Unterstützung bei Fragen rund um das Pflegerecht, Pflegeeinstufungen und Pflegemissstände. Ebenso hilft sie bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Palliative Care und Sterbebegleitung, bietet Beratungen und Umstzung von Patientenverfügungen sowie Hilfe beim Krankenkassenwechsel an.

Sie hieß früher Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung.